Was machen Inkassobüros?

16.02.2013

Die Geldeintreiber: Inkasso, Mahnanwälte und Co.

Zusammengestellt von Rechtsanwalt Matthias Butenob

Wer Schulden hat, wird früher oder später mit dieser speziellen Spezies zu tun bekommen: Inkassounternehmen und Rechtsanwälte, die auf die Einziehung von Forderungen spezialisiert sind. Sie tun dies mit einem ausgeklügelten System und einer guten Portion Hartnäckigkeit – oft genug auch Unnachgiebigkeit, dass es manchem Schuldner graust und nicht nur Ärger, sondern Wut aufkommt. Kaum ein Thema ist in unseren Foren deshalb so oft vertreten und gleichzeitig mit soviel Emotionen, Unsicherheit und Unkenntnis.

Inkassounternehmen sind gewerbliche Geldeintreiber. Viele Gläubiger, besonders Großgläubiger wie z.B. Banken, Versandhandel treiben ihre Forderungen nicht mehr selbst ein. Sie beauftragen damit eines der Hunderten von Inkassounternehmen (oder spezialisierte Rechtsanwälte), die dies in ihrem Auftrag erledigen. Auf diesem Weg sollen eigene Kosten für die Bearbeitung und Überwachung von Außenständen eingespart werden. Die Kosten dieses ausgelagerten Forderungseinzugs werden auf den Schuldner abgewälzt.

Die Eintreibung der Forderung erfolgt über ein sehr differenziertes Mahnverfahren. Dazu gehören Mahnbriefe (mit einem häufig drohenden Tonfall), Hausbesuche und Telefoninkasso. Das Mahnrotationsverfahren von Inkassounternehmen.

1. Arten des Inkassos

Es gibt im Wesentlichen zwei Arten des Inkassos, die sich in drei verschiedene juristische Konstruktionen aufteilen lassen. Diese sind: 

Art juristische Konstruktion Bonitätsrisiko
(Innenverhältnis
Gläubiger ? Inkasso)
Auftritt gegenüber dem Schuldner
(Außenverhältnis Inkasso ? Schuldner)
Rechtsdienst-
leistungsgesetz
Inkassokosten
Auftragsinkasso Einziehungsvollmacht:
§§ 164ff BGB
trägt der Gläubiger als Bevollmächtigter mit Vollmachtsurkunde Erlaubnis /
Registrierung erforderlich
zu ersetzen
Inkassozession:
treuhänderisch gebundene
Abtretung (§ 398 BGB)
zum Zwecke der Einziehung
trägt nach wie vor der Ursprungs-Gläubiger als neuer Gläubiger mit Abtretungsurkunde
Eigeninkasso Forderungskauf / Factoring:
Abtretung der Forderung (§ 398 BGB) und zwar endgültig und uneingeschränkt samt Sicherungsrechten
trägt nun der Käufer der Forderung als neuer Gläubiger Erlaubnis /
Registrierung nicht erforderlich
ab Verkauf nicht zu ersetzen

Die Einziehungsvollmacht wird sehr häufig von (Inkasso-) Rechtsanwälten genutzt. Der Rechtsanwalt erhält ein Honorar, handelt im frendem Namen und auf fremde Rechnung. Das Bonitätsrisiko trägt der Gläubiger.

Bei der Inkassozession gibt es zwei Verträge zwischen Gläubiger und Inkassounternehmen. In dem einen Vertrag tritt der Gläubiger die Forderung an das Inkassounternehmen ab (§ 398 BGB), welches dann neuer Gläubiger wird. Das Unternehmen handelt dann nach Außen im eigenem Namen. In einem zweiten Vertrag vereinbaren Gläubiger und Inkassounternehmen aber, dass die Abtretung nur zum Zwecke der Einziehung geschieht. Das wirtschaftliche Risiko soll beim Altgläubiger verbleiben. Das Inkassounternehmen ist also nur als Treuhänder tätig und erhält für seine Tätigkeit in der Regel eine Provision.

Auch beim Forderungskauf / Factoring gibt es eine Abtretung der Forderung nach § 398 BGB. Hier aber erfolgt die Abtretung ohne Einschränkungen. Das Inkassounternehmen wird vollständig und endgültig der neue Gläubiger und es trägt ab sofort das Bonitätsrisiko. Solche Forderungsaufkäufe finden in aller Regel in Paketen statt. Der Aufkaufpreis liegt in der Regel zwischen 5 und 10% des Nennwertes. Auf diese Weise erzielen Inkassounternehmen große Gewinne.

Die Unterscheidung dieser drei Rechtskonstruktionen des Inkasso ist unter folgenden Gesichtspunkten wichtig: Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG), Verhandlungspartner und Inkassokosten

a) Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG):

Der gewerbliche Forderungseinzug fremder Forderungen oder auf fremde Rechnung ist nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) nur „registrierten Personen“ erlaubt, die eine besondere Sachkunde und Zuverlässigkeit nachgewiesen haben (§ 10ff RDG). Rechtsanwälte dürfen stets Rechtsdienstleistungen erbringen (§ 3 Bundesrechsanwaltsordnung).

-> Folge: Bei den beiden Auftragsinkasso-Arten ist stets eine nach dem RDG bzw. der BRAO (Rechtsanwalt) zugelassene Erlaubnis (= Registrierung) erforderlich. Fehlt diese, ist der Inkassovertrag zwischen dem (vermeintlichen) Inkassounternehmen und dem Gläubiger nach § 134 BGB unwirksam. Dann sind auch keine Inkassokosten zu zahlen, wenn die Erlaubnis fehlt!

Der Eigeninkasso (Forderungskauf / Factoring) ist hingegen erlaubnisfrei (vgl. Bundestags-Drucksache 16/3655, Seite 48).

Unter www.rechtsdienstleistungsregister.de kann man schnell prüfen, ob ein Inkassounternehmen nach dem RDG registriert ist oder nicht. Dort finden Sie auch die zuständige Registrierungsbehörde.

b) Verhandlungspartner

Zunächst ist das Inkassounternehmen bzw. der Rechtsanwalt der Verhandlungspartner, um eine Stundung, Ratenzahlung oder andere Regelung zu treffen. Insoweit sollte die Entscheidung des (Ursprungs-) Gläubigers, den Forderungseinzug an das Inkassounternehmen abzugeben, respektiert werden.

Allerdings gibt es Situationen, in denen man mit dem Inkassounternehmen nicht mehr weiterkommt, weil dieses „auf stur schaltet“ oder sich aus sonstigen Gründen nicht vergleichsbereit zeigt. Dann sollte man bei den beiden Auftragsinkasso-Arten die Möglichkeit erwägen, sich direkt an den eigentlichen Gläubiger zu wenden. Als „Herr der Forderung“ hat der Gläubiger auch mehr Verhandlungsspielraum. Aus Gründen der Fairness sollte aber die direkte Kontaktaufnahme mit dem (Alt-) Gläubiger vorher angekündigt werden.

Beim Forderungskauf/Factoring gibt es die Unterscheidung zwischen Gläubiger und Inkasso nicht. Hier ist stets mit dem (neuen) Gläubiger zu verhandeln.

c) Inkassokosten

Es sind keine Inkassokosten zu zahlen, wenn das Inkassounternehmen Forderungen auf fremde Rechnung eintreibt und nicht nach dem RDG registriert ist, s.o. unter a).

Liegt ein Forderungskauf / Factoring vor, dann ist das Inkassounternehmen der neue Gläubiger. Ab dem Kaufdatum handelt es also vollständig im eigenem Interesse. Die (weiteren) Inkassokosten für die Realisierung der eigenen (!) Forderung können nicht geltend gemacht werden. („Eigenobliegenheiten des Gläubigers“ bzw. „eigene Mühewaltung“); vgl. BGH, Urteil vom 09.03.1976, Aktenzeichen: VI ZR 98/75.

„Gebotene und übliche Eigenbemühungen des Gläubigers“ sind nicht erstattungsfähig; so hat nach dem – sehr lesenswerten – Urteil des AG Dortmund vom 8.8.2012 (AZ: 425 C 6285/12) etwa ein gewerblicher Großvermieter keinen Anspruch auf Erstattung von Inkassokosten, die bei einem zum Konzern des Vermieters gehörenden Inkassoinstitut angefallen sind. (www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/dortmund/ag_dortmund/j2012/425_C_6285_12_Urteil_20120808.html) . Rechtsanwälte wiederum dürfen eingeschaltet werden.

2. Praktisches Problem: Unterscheidung Inkassozession versus Forderungskauf / Factoring

Das Problem ist aber, dass man nur schwer erkennen kann, ob nun eine Inkassozession oder ein Forderungskauf / Factoring stattgefunden hat. In beiden Fällen besteht eine Abtretung, in der inhaltlich lediglich der Rechtsübergang bestätigt ist – siehe den gelben Kasten in der obigen Tabelle. Über das Innenverhältnis gibt die Abtretung keine Auskunft. Wenn das Inkassoinstitut nicht von sich selbst behauptet, die Forderung gekauft zu haben, hilft im Zweifel nur das bestreiten der Inkassogebühren. Dann liegt es am Inkassoinstitut, nachzuweisen, dass nur eine treuhänderische Abtretung (Inkassozession) vorliegt.

Zur Unterscheidung noch aus Bundestags-Drucksache 16/3655, Seite 49:
„Vertragsklauseln, die für den Fall des Ausfalls des Schuldners eine Rückabwicklung des Kaufvertrags vorsehen oder eine Garantie für die Beitreibbarkeit der übertragenen Forderungen enthalten, verdeutlichen dabei, dass es sich nicht um einen Forderungskauf, sondern um eine (verdeckte) Abtretung zu Einziehungszwecken handelt. Entscheidend ist stets, dass der Erwerber einer Forderung das volle wirtschaftliche Risiko der Beitreibung der Forderung übernimmt (vgl. zur Abgrenzung des Forderungskaufs von der verdeckten Inkas sozession BGH, XI ZR 273/99 v. 24. Oktober 2000)“

3. Muss ich Inkassokosten zahlen ?

Wie oben unter 1c) schon festgestellt, sind keine Inkassokosten zu zahlen, wenn bei einem Auftragsinkasso keine Registrierung nach dem RDG vorliegt. Ebenso besteht keine Erstattungspflicht beim Eigeninkasso.

Ansonsten gilt, dass grundsätzlich der Schuldner dem Gläubiger den Schaden, den er durch seine Nichtzahlung bzw. verspätete Zahlung verursacht hat, als Verzugsschaden zu erstatten hat. Siehe hierzu den Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 7.9.2011 (BVerfG, 1 BvR 1012/11):

„Die Kosten eines Inkassobüros können - wenngleich im Einzelnen manches umstritten ist -(…) unbeschadet bestimmter Einschränkungen, grundsätzlich als Verzugsschaden geltend gemacht werden.
Nach herrschender Meinung anerkannte Einschränkungen sind etwa, dass die Höhe der geltend gemachten Kosten die alternativ bei Beauftragung eines Rechtsanwalts entstehenden Kosten nicht übersteigen dürfen und dass der Schuldner zum Zeitpunkt der Beauftragung nicht bereits von vornherein erkennbar zahlungsunwillig gewesen ist.“ (Rechtsprechungs- und Literaturangaben gestrichen)
www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20110907_1bvr101211.html

a.) Verzug als Rechtsgrundage

Grundlage der Erstattung von Inkassokosten ist also, dass der Schuldner sich im „Verzug“ befindet -> Ohne Verzug keine Inkassokosten!

Der Verzug ist in § 286 BGB geregelt. Die Details können kompliziert sein, doch grob lässt sich sagen:

·       Ein Schuldner kommt in Verzug, wenn die Forderung fällig ist und angemahnt wird.

·       Der Mahnung bedarf es nach § 286 Absatz 2 BGB nicht, wenn für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist (Beispiel: Zahlung der Miete zum dritten Werktag des Monats) oder der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert.

·       Verzug tritt automatisch 30 Tage nach Zugang einer Rechnung ein; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung besonders hingewiesen worden ist (Absatz 3 des § 286 BGB).

b.) unzulässige Inkassoposten - „Schadensminderungspflicht“

Liegt Verzug vor, „so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen“ (§ 280 BGB). Was bedeutet dies konkret?

Gläubiger versuchen natürlich, schlicht alle (Inkasso-) Kosten, die mit dem Forderungseinzug verbunden sind, als zu erstattenen Verzugsschaden geltend zu machen. Dies ist aber nicht zulässig. Der Gläubiger ist nach § 254 Absatz 2 BGB verpflichtet, den Schaden möglichst gering zu halten (sog. „Schadensminderungspflicht“). Daher gibt es wichtige Einschränkungen, von denen hier einige dargestellt werden. Die Details sind leider aber rechtlich sehr umstritten:

·       Begrenzung der Kosten auf vergleichbare Rechtsanwaltsvergütung

Die Höhe der geltend gemachten Kosten dürfen die alternativ bei Beauftragung eines Rechtsanwalts entstehenden Kosten nicht übersteigen (siehe oben Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes). Inkassokosten dürfen nicht höher sein als die Kosten, die ein Rechtsanwalt für seine Tätigkeit ausgelöst hätte.

Zu den Rechtsanwaltskosten siehe die Übersicht Rechtsanwaltsgebühren.

An dieser Stelle nur soviel: Die standardisierten, massenhaft versandten Mahnschreiben dürften nur die Mindestgebühr von 0,5 auslösen (vgl. Amtsgericht Neuruppin, Urteil vom 19.11.2010, 42 C 24/10). Bei Bagatellforderungen unter 300 Euro kann der Rechtsanwalt für die schlichten Mahnungen nur 15 Euro (mit Umsatzsteuer: 17,85 Euro) verlangen; mehr stehen daher auch dem Inkassounternehmen nicht zu. Und: Nicht jedes Schreiben löst eine neue Gebühr aus!

·       25 Euro-Grenze beim Mahnverfahren (§ 4 Absatz 4 Satz 2 RDGEG)

Seit Einführund des RDG dürfen Inkassounternehmen auch das gerichtliche Mahnverfahren beantragen (vgl. § 79 Absatz 2 Nr. 4 Zivilprozessordnungl). Die Kosten dazu sind nach § 4 Absatz 4 Satz 2 Einführungsgesetz RDG (RDGEG) auf 25 Euro begrenzt.. Hinzu können 5 Euro Portopauschale und ggf. Umsatzsteuer kommen, also ingesamt 35,70 Euro.

·       Aussichtsloser Inkassoauftrag

Ist der Schuldner bei Erteilung des Inkassoauftrages für den Gläubiger erkennbar zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig, ist der Auftrag aussichtslos und unsinnig (vgl. OLG Köln, Urteil vom 12. Januar 2001, Az. 19 U 85/00). Er stellt einen unzulässigen Umweg zum kostengünstigeren gerichtlichen Mahnverfahren dar (vgl. AG Zossen, Urteil 13.12.2006, AZ: 2 C 229/06). Das Landgericht Dortmund geht sogar noch weiter. Demach sind Inkassokosten nur dann zu erstatten. „wenn der Gläubiger aus besonderen Gründen darauf vertrauen durfte, dass der Schuldner ohne gerichtliche Hilfe leisten wird, weil sein Verhalten in diesem Fall demjenigen eines wirtschaftlich vernünftig denkenden Geschädigten entspricht, der sich selbst vor Schaden bewahren will.“ (Urteil vom 01.04.2011, 3 S 2/10)

-> Falls Sie zahlungsunfähig sind, teilen Sie dies Ihrem Gläubiger umgehend mit und fordern Sie ihn auf, die Angelegenheit nicht an ein Inkassounternehmen abzugeben. Musterbrief: Mitteilung Zahlungsunfähigkeit. Denken Sie daran, eine Kopie dieses Schreibens für Ihre Unterlagen anzufertigen. Vorsicht Falle: es besteht die Gefahr, dass mit einem solchem Schreiben der Verdacht des sog. „Eingehungsbetruges“ aufgeworfen wird.

Der Gläubiger oder in seinem Auftrag das Inkassounternehmen kann die Forderung aber trotz (oder gerade bei) Zahlungsunfähigkeit bzw. -willigkeit titulieren. Die dazu gehörenden Kosten sind zu erstatten. Zu der Höhe siehe oben den Verweis auf § 4 Absatz 4 Satz 2 RDGEG.

·       Kosten für Mahnschreiben

Häufig stellen Inkasso Kosten für eine manchmal stattliche Anzahl von Mahnschreiben in Rechnung.

Allerdings werden oft viel zu hohe Kosten gesetzt und die behauptete Anzahl von Mahnschreiben stimmt nicht. Das Inkassobüro darf wie ein Gläubiger nur die reinen Materialkosten für die Mahnbriefe ersetzt verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 09.03.1976, VI ZR 98/75; OLG Hamburg, Urteil vom 13.06.1990, AZ 5 U 217/89).

Maximal dürften damit Kosten in Höhe von 2 bis 3 Euro verlangt werden (vgl. OLG Hamburg, Urteil vom 13.06.1990, AZ 5 U 217/89; Amtsgericht Mehldorf, 04.12.2007, 84 C 1075/07: 5 Euro zu viel, sondern höchstens drei Mahnschreiben von je 1 Euro).

Selbstverständlich muss im Zweifelsfall auch die Anzahl der Mahnschreiben nachgewiesen werden und das sie dem Schuldner auch zugegangen sind. Dieser Nachweis dürfte schwer sein, falls die Schreiben nicht als Einschreiben/Rückschein abgeschickt wurden.

Wird pauschal die Portopauschale nach Nr. 7002 VV RVG abgerechnet, dann können nicht noch zusätzlich die Kosten für Mahnschreiben in Rechnung gestellt werden.

Bei Forderungen aus Verbraucherkreditgeschäften gilt noch zu beachten: hier kann der Gläubiger nach §§ 497, 266 BGB pauschalierte Verzugszinsen in Höhe von Basiszins plus 5% geltend machen. Darin sind 2% Bearbeitungs- und Verwaltungskosten enthalten (BT-Drucksache vom 25.10.1989, Nummer 11/5462, S. 26). Daher dürfen Kosten für Mahnschreiben oder Aufenthaltsermittlung nicht zusätzlich zu den Verzugszinsen in Rechnung gestellt werden (BGH, 28.04.1988, III ZR 120/87)

·       Kontoführungsgebühren

Diese Gebühr ist bei sehr vielen Inkassobüros sehr beliebt. Es geht hier nicht etwa um die Kosten für das Girokonto des Inkassobüros oder des Gläubigers, sondern dass das Inkasso innerhalb der eigenen Buchhaltung ein buchungstechnisch ein Forderungskonto für den Schuldner einrichtet.

Dafür kann keine Extra-Gebühr verlangt werden. Die Überwachung der Forderung und die Buchung eingehender Zahlungen gehört zur allgemeinen Geschäftstätigkeit des Inkassounternehmens und ist bereits durch die Inkassogebühr abgedeckt.

Anschaulich beschreibt das Amtsgericht Dortmund die Ablehnung der Kontoführungskosten (Urteil vom 23.03.1995; 125 C 1278/95):
„Aber allein die Tatsache, das ein sog. Inkassokonto geführt wird, verursacht diese Kosten nicht. Entweder ist dies ein Stück Blatt Papier, auf dem der Kläger nachhält, welche Forderungen ihm noch zustehen oder dies ist, so der Kläger, der inzwischen mit Computer arbeit, eine entsprechende Datei. Beides sind ganz normale Hilfsmittel und Arbeitsmittel in jedem Büro. Genausowenig, wie jeder andere Gläubiger für die Zeit des Verzugs anteilige Ladenmiete oder Büromiete oder so etwas vom Schuldner ersetzt verlangen kann, kann auch der Kläger als Rechtsbeistand nicht pauschale Kosten für das Führen eines solchen Inkassokontos von der Schuldnerin unter dem Verzugsgesichtspunkt verlangen." (Quelle VuR 1995, 357 – 358“

Vgl. auch: AG Fürth, 09.10.2007, 1 M 6672/07;  AG Lahnstein: Urteil vom 02.06.2009; 20 C 595/08

·       Adressermittlungskosten:

Dieser Posten gehört oft genug zum Standardpunkt bei Forderungsabrechnungen. Grundsätzlich können solche Kosten nur zulässig sein, wenn der Schuldner umzieht, ohne seinen Gläubiger zu benachrichtigen. Nämlich nur dann ist dieser gezwungen, die neue Anschrift zu ermitteln. Werden mehrere Briefe des Gläubigers hintereinander unbeantwortet gelassen, kann der Gläubiger auch von einem Umzug des Schuldners ausgehen. Bezüglich der Kosten muss das Inkassoinstitut im Zweifel die Höhe der Adressermittlungskosten nachweisen. Ersatzfähig sind dabei in der Regel nur die Kosten für eine Einwohnermeldeamtsanfrage. Diese betragen ca. 15 €. Mehr sollte man im Einzelfall ohne weitere Nachweise nicht akzeptieren.

4. Druck durch Inkassobüros und seine Grenzen

Inkassounternehmen üben durch ihre Aktivitäten immer natürlich einen gewissen Druck auf die jeweiligen Schuldner aus, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. Der Tonfall dabei ist sicherlich nicht immer der feinste. In einem gewissen Maß jedoch muss man ihn hinnehmen. Aber die Ausübung von Druck hat seine Grenzen.

Wenn Inkassounternehmen Mahnschreiben versenden, die wie Haftbefehle aufgemacht sind oder Schuldner telefonisch unter Druck setzen, sie würden Arbeitgeber, Verwandte der Nachbarn vom Zahlungsrückstand informieren (oder gar den „Schwarzen Mann“ vor die Haustüre stellen) oder Ausländern die Einschaltung der Ausländerbehörde androhen, sind die Grenzen zur Nötigung erreicht. Man sollte im Einzelfall prüfen lassen, ob hier der Straftatbestand der Nötigung bereits vorliegt und gfs. eine Strafanzeige stellen, zumindest jedoch eine Beschwerde bei der Registrierungsbehörde (zu finden unter www.rechtsdienstleistungsregister.de) einlegen.

Außendienstmitarbeiter von Inkassobüros versuchen häufig mit Tricks, in Ihre Wohnung zu gelangen und eine sofortige Barzahlung zu erwirken. Oder aber nicht zahlungsverpflichtetete Angehörige des Schuldners werden zu Unterschriften unter Schriftstücke genötigt, die angeblich eine Ratenzahlungs- oder Vergleichsvereinbarung enthalten, tatsächlich jedoch auch diese Personen zur Rückzahlung der Forderung verpflichten. Inkassobüros sind keine Gerichtsvollzieher. Sie besitzen kein Recht, sich Einlass in Wohnungen zu verschaffen! Sie haben jederzeit das Recht, sie zum sofortigen Verlassen der Wohnung aufzufordern und - wenn der Inkasso-Mitarbeiter der Aufforderung nicht Folge leistet - die Polizei zu rufen. Erstatten Sie in derartigen Fällen Anzeige wegen Hausfriedensbruch und geben Sie den Vorgang in Form einer Beschwerde bei der Registrierungsbehörde bekannt.

Unlautere Inkassopraktiken abwehren – Rechte wahren

Die Grenzen des Inkasso zu kennen, ist das Eine. Das Andere ist es, die unzulässigen Inkassokosten und andere Praktiken auch tatsächlich erfolgreich abzuwehren. Daher folgende Tipps:

·       Teil-Widerspruch gegen Mahnbescheid einlegen

Falls versucht wird, in einem gerichtlichen Mahnverfahren unzulässige Inkassokosten titulieren zu lassen, legen Sie dagegen Teil-Widerspruch innerhalb der Frist ein (näheres dazu unter „Der Mahnbescheid ist da - Rechtsbehelfe in der Zwangsvollstreckung). Unterbleibt dies und wird der Vollstreckungsbescheid rechtskräftig, dann sind die dort festgestellten Inkassokosten praktisch nicht mehr angreifbar.

·       Vorformulierte Schuldanerkenntnisse gut prüfen und in der Regel nicht unterschreiben

Gerne legen Inkassounternehmen den Schuldnern vorformulierte Schuldanerkenntnisse - häufig kombiniert mit einer Ratenvereinbarung - vor. In diesen werden dem Schuldner regelmäßig unzulässige Inkassokosten „untergejubelt“. Daher gilt: unterschreiben Sie nicht voreilig Schriftstücke und Zahlungsvereinbarungen, die Ihnen vorgelegt werden! Lassen Sie diese von einem Fachmann / einer Schuldnerberatungsstelle prüfen.

·       Beschwerde bei Verbraucherzentralen, Registrierungsbehörde und Verbänden

Wie schon oben benannt, sollten unlautere Praktiken der Registrierungsbehörde angezeigt werden. Auch die Verbraucherzentralen können helfen, vor allem Abmahnverfahren einleiten. Des Weiteren besteht die Möglichkeit sich an Inkasso-Verbände (siehe etwa: www.rechtsdienstleistungsregister.de) zu wenden. Ein sehr bekannter Verband ist der BDIU - Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V., die auch eine Schlichtungsstelle/Ombudsmann hat - www.inkasso.de/neuerbereich/gremien/schlichtungsstelleombudsmann/index.html)