Zustimmungsersetzung bei nicht festgesetzten Steuern

30.03.2001

AG Mannheim, Beschluss vom 30.3.2001 - IK 102/00

Leitzsatz:

  1. Ein noch nicht abgeschlossenes Steuerverfahren steht der Zustimmungsersatzung nicht entgegen.
  2. Die unterlassene Festsetzung der Steuerschuld steht der Anwendung des § 308 Abs. 3 Satz 2 Inso nicht entgegen (d.h., die Forderung erlischt).

AG Mannheim, Beschluss vom 30.3.2001 - IK 102/00 Aus dem Beschluß: Die Zustimmung des FA Mannheim-Neckarstadt wird ersetzt. Diese Zustimmungsersetzung gilt auch für die Steuern, die zwar bereits entstanden, aber noch nicht festgesetzt wurden. "Er (der Gläubiger - das Finanzamt) trägt im wesentlichen vor, das aufgrund der Überführung des Geschäfts- in das Privatvermögen die hierdurch steuerbaren Entnahmen noch nicht besteuert seien, weshalb er im Falle der Zustimmung eine Benachteiligung fürchte." 1. (...) Die Forderungssumme der ablehnenden Gläubiger war im Streitfall nicht nach der höheren vom Finanzamt Mannheim-Neckarstadt behaupteten Forderung zu berechnen - hier 4208,06 -, weil diese Feststellung nach den Angaben des Schuldners zu erfolgen hat (AG Köln ZIP 2000, 83, 85). Ungeachtet dessen hat sie im Streitfall auf die Forderungsmehrheit keine Auswirkung. Der vom Schuldner vorgelegte Plan hat die erforderliche Kopf- und Summenmehrheit erreicht. 2. (...) a) Soweit das Finanzamt Mannheim-Neckarstadt erstmals mit Schreiben vom 21.03.2001 eine gegenüber dem Schuldenbereinigungsplan höhere Forderung behauptet ( § 309 Abs. 3 InsO), hat sie deren Bestehen nicht glaubhaft gemacht. Eine denkbare Schlechterstellung war daher nicht weiter zu prüfen. b) Soweit das Finanzamt Mannheim-Neckarstadt eine Schlechterstellung daraus abzuleiten versucht, indem es darauf hinweist, das Besteuerungsverfahren gegen den Schuldner wegen der Überführung von Geschäfts- in das Privatvermögen sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen und mangels entsprechender Erklärungen des Schuldners nicht abschließbar, steht dies der Zustimmungsersetzung nicht entgegen. Der Sache nach befürchtet der Gläubiger, dass er durch einen nachträglichen noch nicht ergangenen Steuerbescheid im Falle der Zustimmungsersetzung mit jener Steuerschuld ausfalle. Dies steht der Zustimmungsersetzung nicht entgegen. aa) Eine Schlechterstellung des Finanzamtes scheidet im Streitfall bereits deswegen aus, weil die noch festzusetzende Steuerschuld erloschen ist und damit als Vergleichskriterium bei der Gläubigerbefriedigung im eröffneten Verfahren nicht herangezogen werden kann. Unstreitig hat der Schuldner die noch festzusetzende Steuerschuld in seinem Forderungsverzeichnis nicht aufgeführt. Das Finanzamt war deshalb innerhalb der Frist des § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 InsO gehalten, dieses zu ergänzen. Dies ist nicht geschehen, weil binnen der genannten First die Forderungsdifferenz zwischen bestehender und noch festzusetzender Steuerschuld nicht angegeben wurde (AG Köln a.a.O. S. 86), vielmehr beschränkte sich das Finanzamt in seiner Stellungnahme vom 9.1.2001 darauf, auf die bisher unterbliebene Festsetzung der weiteren Steuerschuld hinzuweisen. Die unterlassene Festsetzung der Steuerschuld steht der Anwendung des § 308 Abs. 3 Satz 2 Inso nicht entgegen. Danach werden nur Forderungen, die zum Zeitpunkt der Planverfassung noch nicht entstanden sind, von der Sanktionswirkung des Erlöschens ausgenommen (Landfermann in: HK, 2. Aufl., § 308 Rdnr. 11). Die vom Finanzamt behauptete Steuerschuld ist bereits mit der Geschäftsaufgabe durch den Schuldner und der damaligen Überführung von Geschäftsvermögen entstanden, also mit dem 30.9.99. Für das Entstehen der Steuerforderung ist die Steuerfestsetzung ohne Belang (§ 38 AO; BFH BStBl. 1990, 523; 1997, 171). Dabei wird nicht verkannt, dass dies in Einzelfällen dann zu Unzuträglichkeiten führen kann, wenn der Schuldner durch verzögerte Abgabe der Steuererklärung die mögliche Festsetzung verhindert. Es entspricht jedoch dem zu respektierenden Willen des Gesetzgebers, mittels der Regelung des § 308 Abs. 3 Satz 2 InsO, die Gläubiger zur Mitwirkung zu veranlassen (Landfermann a.a.O.; Kübler/Prüttung, InsO, § 308 Rdnr. 9). Diese Absicht liefe beim gegenteiligen Standpunkt ins Leere. Ungeachtet dessen steht dem Finanzamt für diese Fälle der Weg des § 162 Abs. 2 AO offen. bb) Die Zustimmungsersetzung ist auch nicht gem. § 309 Abs. 3 InsO ausgeschlossen. Zwar kann die noch festzusetzende Steuerschuld als eine dem § 308 Abs 3 Satz 2 InsO nicht unterfallende Teilforderung behandelt werden (so AG Kln a.a.O.; a.A. Landfermann a.a.O.) mit der Folge, dass sie weiterhin besteht. Die Zustimmung des Finanzamtes könnte dann nicht ersetzt werden, wenn die Voraussetzungen des § 309 Abs. 3 gegeben sind. Das ist nicht der Fall. § 308 Ab.s 3 InsO setzt das Bestreiten der Schuld durch den Gläubiger voraus (Kübler/Prütting a.a.O. § 309 Rdnr. 5). Nach dem Wortlaut der Bestimmung muss dazu der Gläubiger den höheren betrag als angegeben glaubhaft machen. Das setzt die Bezifferung voraus, die im Streitfall auch im Schreiben des Finanzamtes vom 21.3.2001 nicht nachgeholt wird. (...)

Bernd Merling