Unzulässige Versagungsanträge für dritte Gläubiger

14.12.2001

AG Bonn, Beschluss vom 14. 12. 2001 — 99 IK 33 / 00

Leitsatz des Kommentators:

Ein Gläubiger kann sich bei einem Versagungsantrag nur auf die Verletzung der eigenen Rechte berufen. Auf die Verletzung der Rechte von anderen Gläubigern ( die beispielsweise im Forderungsverzeichnis nicht aufgeführt wurden ), kann er sich nicht berufen. Ebenso ist die nachträgliche Begründung und Glaubhaftmachung eines Versagungsgrundes nach Abhaltung des Schlusstermins unzulässig.

AG Bonn, Beschluss vom 14. 12. 2001 — 99 IK 33 / 00

Fundstelle: ZInsO 2002, 245 – 246

I. Über das Vermögen der Schuldnerin ist am 7.8.2000 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Die Schuldnerin beantragt die‘ Erteilung der Restschuldbefreiung.

Die Schuldnerin gab in ihrem Eröffnungsantrag lediglich die Sparkasse ... als Gläubigerin an. Nach Eröffnung des Verfahrens meldeten sieben weitere Gläubiger Ansprüche in einer Gesamthöhe von 135.303,29 DM an.

Mit Schreiben vom 12.6.2001 beantragte die Versagungsantragsstellerin zu 2.) die Versagung der Restschuldbefreiung, ohne Gründe hierfür und deren Glaubhaftmachung anzuführen. Im Schlusstermin vom 20.7.2001 erschien lediglich ein Vertreter der Versagungsantragsstellerin zu 1.) und beantragte für diese die Versagung der Restschuldbefreiting unter Hinweis auf den im Schlussbericht des Treuhänders vom 20.3.2001 ausgeführten Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 6 lnsO.

II. Die Voraussetzungen für die Ankündigung der Restschuldbefreiung (§ 291 lnsO) sind erfüllt. Der Antrag der Schuldnerin auf Erteilung der Restschuldbefreiung ist rechtzeitig und ordnungsgemäß gestellt.

Die gestellten Versagungsanträge sind bereits als unzulässig zurückzuweisen.

Hinsichtlich der Versagungsantragstellerin zu 1.) fehlt dieser bereits die für die Antragsberechtigung erforderliche Prozessführungsbefugnis: denn mit der Rüge, dass im eingereichten Verzeichnis lediglich sie, nicht aber die weiteren Gläubiger und deren Forderungen aufgeführt waren, macht sie nicht die Verletzung ihrer, sondern die fremder Individualrechte geltend. Anders als etwa bei Einreichung eines unrichtigen Vermögens- und Einkomrnensverzeichnisses werden durch die unterlassenen Gläubigerangaben die Rechte des zutreffend aufgeführten Gläubigers nämlich nicht beeinträchtigt. Da ferner eine gesetzliche Ermächtigung zur Geltendmachung fremder individueller Rechte im eigenen Namen nicht besteht, fehlt einem solchen Antragsteller die Prozessführungsbefugnis (Ahrens, NZI 2001, 113, 118; AG Münster, ZInsO 2001, 674, 676 ). Vorliegend ist die Sparkasse ... daher nicht berechtigt, im eigenen Namen die unterbliebene Angabe der übrigen Gläubiger als Versagungsgrund geltend zu machen. Da auch keine Ermächtigung der Versagungsantragstellerin zu 1.) durch die übrigen Gläubiger zur Geltendmachung deren Rechte iim Sinne einer gewillkürten Prozessstandschaft ersichtlich ist, ist ihr Antrag als unzulässig zurückzuweisen.

Gleichfalls unzulässig ist der Antrag der Versagungsantragsstellerin zu 2.). Mit Schreiben vom 12.6.2001 hat diese ihren Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gestellt, ohne hierfür einen Versagungsgrund anzugeben und diesen gemäss § 290 Abs. 2 InsO glaubhaft zu machen. Dieser Mangel wurde bis zum Schlusstermin am 20.7.2001 nicht behoben. Im Schlusstermin selbst war die Gläubigerin weder anwesend noch vertreten.

Eine im nunmehr eingereichten Schreiben der Gläubigerin vom 1.11.2001 zu sehende Antragsbegründung und deren Glaubhaftmachung ist nicht mehr zulässig.

Bereits nach dem Wortlaut der Regelung des § 290 lnsO ergibt sich, dass eine Versagung nur erfolgen kann, wenn dies von einem Gläubiger durch einen zulässigen, d.h. auch hinreichend begründeten und glaubhaft gemachten Antrag im Schlusstermin beantragt wurde, so dass eine nachträgliche Begründung und Glaubhaftmachung nach Abhaltung des Schlusstermins nicht mehr möglich ist (so auch OLG Celle, Beschluss vom 23.7.2001, ZInsO 2001, 757, 759). Dem entspricht auch der verfahrensbeendende Charakter des Schlusstermins, in dem als letzte Gläubigerversammlung diesen abschließend die Möglichkeit zur Erhebung von Einwendungen und deren Erörterung gegeben werden soll, vgl. §§ 197, 289 InsO. Es ist schließlich auch im Interesse aller Gläubiger, durch eine möglichst rasche Entscheidung nach Durchführung des Schlusstermins über die Restschuldbefreiung zügig Klarheit für den weiteren Verfahrensablauf zu schaffen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 InsO, § 91 ZPO.

Dieser Beschluss kann vom Schuldner und von jedem Insolvenzgläubiger, der rechtzeitig die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt hat, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung beim Insolvenzgericht mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden (§ 289 Abs. 2, § 312 Abs. 2 lnsO). Zur Wahrung der Frist genügt die Einlegung der Beschwerde beim hiesigen Landgericht.

Kommentar:

Welche Gründe die Schuldnerin bewogen haben, 7 Gläubiger mit Gesamtforderungen von 135.000,- DM nicht in ihrem Gläubiger- und Forderungsverzeichnis aufzuführen, geht aus dem Beschluss leider nicht hervor. Bei der Abhaltung des Schlusstermins hat die Schuldnerin sehr viel Glück gehabt. Nur der eine Gläubiger, den sie tatsächlich aufgeführt hatte, erschien zum Termin und konnte aber nach Meinung des AG Bonn die Verletzung fremder Rechte nicht rügen. Im Gegenteil hätte ja dieser Gläubiger erhebliche Vorteile aus den unvollständigen Angaben der Schuldnerin ziehen können.

Allerdings sollte sich der Schuldner in jedem Fall bemühen, ein vollständiges Verzeichnis der gegen ihn vorliegenden Forderungen einzureichen. Wenn in diesem Fall einer der "vergessenen" Gläubiger zum Schlusstermin erschienen wäre und die Verletzung der eigenen Rechte gerügt hätte, wäre die Restschuldbefreiung mit hoher Wahrscheinlichkeit versagt worden.

Da es in Deutschland kein zentrales Schuldenverzeichnis gibt, muss der Schuldner sich um möglichst vollständige Angaben bemühen. Hat er z.B. durch einen Wohnungsbrand seine Unterlagen verloren und kann er sich beim besten Willen nicht mehr an die Namen und Anschriften aller Gläubiger erinnern, so sollte er auf die mögliche Unvollständigkeit der Liste im Antrag hinweisen.

Michael Schütz

29.5.2002