Versagung der Restschuldbefreiung, wenn Schuldner trotz gerichtlicher Aufforderung nur unvollständige Auskünfte gibt

18.09.2006

LG Verden, Beschluss vom 18.09.2006, Az. 6 T 181/06

Leitsatz:
Der Antrag auf Restschuldbefreiung eines insolventen Schuldners kann abgelehnt werden, wenn er dem Gericht auch noch nach einem gerichtlichen Anschreiben zum Antrag nur unvollständige Aus-künfte zu seinem Wohnort und seiner Einkommenssituation erteilt. Spätestens zu diesem Zeitpunkt muss er sich über seine gesetzlichen Mitwirkungspflichten als Insolvenzschuldner im Klaren sein. Der Schuldner verstößt dann zumindest grob fahrlässig gegen seine Auskunfts- und Mitwirkungs-pflichten.

Normen: § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO
Gründe:

I.
Der Schuldner stellte am 03.05.2004 den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen und beantragte gleichzeitig Restschuldbefreiung. Das Amtsgericht eröffnete mit Beschluss vom 10.05.2004 das Insolvenzverfahren, bestellte Rechtsanwalt ... zum Insolvenzverwalter und ordnete das schriftliche Verfahren an. Nachdem der Insolvenzverwalter am 01.09.2004 seinen Bericht gemäß § 156 InsO erstattet hatte, legte der Schuldner dagegen Widerspruch ein. Er konnte unter der dem Gericht bekannten Adresse in ... nicht angeschrieben werden. Eine Einwohnermeldeamtsnachfrage ergab, dass er seit dem 01.11.2004 in ... wohnhaft war. Der Insolvenzverwalter erstattete am 12.08.2005 einen Bericht, in dem er mitteilte, dass er den Schuldner bereits am 12.04.2005 angeschrieben und zum Nachweis seiner Einkommenssituation aufgefordert habe. Daraufhin habe der Schuldner am 15.04.2005 lediglich telefonisch mitgeteilt, dass er seit dem 01.01.2005 arbeitslos sei, ohne einen entsprechenden Bescheid vorzulegen. Weitere Post des Insolvenzverwalters sei nicht beantwortet worden; der Schuldner sei nicht mehr telefonisch erreichbar. Das Amtsgericht teilte dem Insolvenzverwalter die neue Anschrift des Schuldners mit. Am 16.02.2006 erstatte der Insolvenzverwalter seinen Schlussbericht. Darin bezifferte er die anerkannten Forderungen mit 857.417,82 € und legte dar, dass keinerlei Ein- und Ausgaben zu verzeichnen seien. Eine verteilungsfähige Masse sei nicht vorhanden. Zu dem Antrag auf Restschuldbefreiung nahm er wie folgt Stellung:

„Am 15.04.2005 teilte der Schuldner telefonisch mit, dass er seit dem 01.01.2005 arbeitslos ist. Er sagte zu, den Arbeitslosengeldbescheid umgehend einzureichen. Bis heute liegen keinerlei Unterlagen vor. Auch hat der Schuldner hier nicht mitgeteilt, dass er umgezogen ist. Am 12.08.2005 wurde der Schuldner nochmals unter Fristsetzung aufgefordert, Auskünfte zu erteilen. Bis heute hat er sich weder telefonisch noch schriftlich mit dem Unterzeichner in Verbindung gesetzt oder Unterlagen eingereicht. ... Demnach hat der Schuldner seine Auskunfts- und Mitwirkungspflicht gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO vorsätzlich, zumindest grob fahrlässig verletzt.“

Die oben aufgeführten Gläubiger haben unter Bezugnahme auf den Schlussbericht den Antrag gestellt, die Restschuldbefreiung zu versagen. Der Schuldner legte mit Schreiben vom 09.03.2006 (Bd. I, Bl. 238 ff.) als Einkommensnachweise Gehaltsabrechnungen seines Arbeitgebers, der ... GmbH, ab Juli 2005 vor und nahm zu den Anträgen der Gläubiger wie folgt Stellung:

„Ich ging davon aus, dass die Einkommensnachweise von meinem Arbeitgeber auf direktem Weg an den Insolvenzverwalter weitergeleitet wurden. Weshalb dies nicht erfolgte, ist auf ein Missverständnis mit der Buchhaltung zurückzuführen. Dass ich die mir auferlegten Pflichten verletzt habe, ist mir so nicht bewusst. Ich ging davon aus, dass der vom Gericht bestellte Insolvenzverwalter sich die erforderlichen Informationen von „Dritten“ ( z.B. Arbeitgeber, Behörden etc.) einholt.“

Der Insolvenzverwalter nahm hierzu am 27.03.2006 Stellung:

„ Zwischenzeitlich hat der Schuldner mit Schreiben vom 23.03.2006 mitgeteilt, dass er bis Anfang 2006 als Prokurist bei der ... GmbH beschäftigt war. Auskünfte über sein dortiges Einkommen hat er jedoch nicht gemacht. Unser Schreiben vom 12.08.2005 hat er angeblich erst am 23.03.2006 vorgefunden“.

Das Amtsgericht versagte daraufhin mit Beschluss vom 16.05.2006 die Restschuldbefreiung gemäß § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Dagegen wendet sich der Schuldner nach Zustellung des Beschlusses am 22.05.2006 mit seiner bei Gericht am 01.06.2006 eingegangenen sofortigen Beschwerde. Eine Beschwerdebegründung hat er trotz Ankündigung nicht abgegeben.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 296 Abs. 3 InsO zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Amtsgericht die Restschuldbefreiung abgelehnt, weil der Schuldner gegen seine Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nach der Insolvenzordnung zumindest grob fahrlässig verstoßen hat; § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Die im Rubrum genannten Gläubiger haben einen entsprechenden Antrag gestellt und den Versagungsgrund unter Hinweis auf den Schlussbericht des Insolvenzverwalters glaubhaft gemacht. Der Schuldner hat dem Insolvenzverwalter nicht einmal den Wechsel seines Wohnsitzes angezeigt. Erst aufgrund der Einwohnermeldeamtsanfrage des Gericht und Mitteilung der neuen Anschrift an den Insolvenzverwalter war der Schuldner für diesen wieder erreichbar. Er hat auch in der Folgezeit weder einen Nachweis über seine Arbeitslosigkeit vorgelegt noch hat er die zum 01.01.2005 erfolgte Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses angezeigt und damit dem Insolvenzverwalter die Möglichkeit genommen, auf den pfändbaren Teil des Gehaltes Zugriff zu nehmen. Erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat er entsprechende Auskünfte gemacht. Er kann mit der Behauptung, dass er die Anschreiben des Insolvenzverwalters erst im März 2006 erhalten habe und dass er davon ausgegangen sei, der Insolvenzverwalter werde durch Dritte unterrichtet, nicht gehört werden. Auch noch nach dem gerichtlichen Anschreiben zum Antrag der Gläubiger hat er unvollständige Auskünfte erteilt, obwohl er sich über seine gesetzlichen Mitwirkungspflichten als Insolvenzschuldner im Klaren sein muss.

Deshalb war die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.