Unvollständige Angaben über Verbindlichkeiten im außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren sind dem Schuldner zuzurechnen

04.05.2011

LG Hamburg, Beschluss vom 04.05.2011, 326 T 24/11

§ 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO

Leitsatz:
Erfährt der Schuldner im Laufe des außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens über seinen Verfahrensbevollmächtigten von einer weiteren Forderung gegen ihn, die er getilgt glaubte, ist diese Forderung im Antragsbogen in Anlage 6 und 7 aufzuführen. Die Unterlassung ist ihm zuzurechnen und grob fahrlässig und kann somit zur Versagung der Restschuldbefreiung führen.
LG Hamburg, Beschluss vom 04.05.2011, 326 T 24/11, ZInsO 30/2011, 1367
I. Über das Vermögen des Schuldners ist durch Beschluss des AG v. 16.6.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Zum Treuhänder wurde Rechtsanwalt D ernannt.
Mit Schreiben v. 28.4. und 19.12.2010 beantragte die Gläubigerin K GmbH, dem Schuldner die Restschuldbefreiung zu versagen. Zur Begründung führt die Gläubigerin aus, der Schuldner habe in den nach § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO vorzulegenden Verzeichnissen die Forderung der … bzw. der H Sparkasse, deren Forderung nunmehr auf die … übergegangen sei, zumindest grob fahrlässig verschwiegen.
Infolge einer irrtümlich erfolgten Auszahlung seitens der … im Zusammenhang mit der Veräußerung eines durch Darlehensgewährungen der … und L finanzierten Grundstückes hatten der Schuldner und seine Ehefrau rechtsgrundlos einen vermeintlich überschüssigen Betrag erhalten und diesen auch behalten. Bei korrekter Abwicklung hätte dieser Betrag zur Begleichung der Restschuld an die L abgeführt werden müssen. Mit Schreiben der H v. 10.3.2009 wurde dem Schuldner mitgeteilt, dass durch ein Versehen der der LBS zustehende Betrag ausgekehrt worden sei. Da die H der … die offene Forderung habe erstatten müssen, fordere sie nunmehr die Eheleute P auf, die offene Summe i.H.v. 60.336,24 € zurück zu überweisen.
Mit Beschl. v. 4.2.2011 hat das AG dem Schuldner die Restschuldbefreiung versagt. Das AG führt aus, dass das Verschweigen der Forderung der antragstellenden Gläubigerin mindestens grob fahrlässig sei, da der Schuldner spätestens seit dem Schreiben der H v. 10.3.2009 habe wissen müssen, dass diese Forderung noch existent sei. Der Schuldner habe auch nicht erklären können, aus welchem Grunde er der Auffassung gewesen sei, dieses Schreiben ignorieren zu können. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Schuldner mit seiner sofortigen Beschwerde. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Die gem. §§ 4, 6, 296 InsO, §§ 567 ff. ZPO zulässige Beschwerde ist in der Sache unbegründet. Das AG hat dem Schuldner zu Recht die Restschuldbefreiung versagt.
Der Schuldner hat grob fahrlässig gegen die sich aus § 290 Abs. 1 Nr. 6 InsO ergebende Verpflichtung, in dem nach § 305 Abs. 1 Nr. 3 InsO vorzulegenden Verzeichnis u.a. vollständige Angaben über seine Gläubiger zu machen, verstoßen. Die …, die den Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung gestellt hat, ist nicht in Anl. … und Anl. … des am 13.6.2009 bei Gericht eingegangenen Antrags angegeben. Die … ist Inhaberin einer auf sie übergegangenen Forderung der L bzw. der … und hätte in den genannten Anlagen aufgeführt werden müssen.
Der Schuldner hat grob fahrlässig gehandelt. Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt und schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und nicht das beachtet hat, was im gegebenen Fall jeden hätte einleuchten müssen (HambKomm-InsO/Streck, § 290 Rn. 19). Mit Schreiben v. 10.3.2009 hatte die … den Eheleuten … angezeigt, dass durch ein Versehen der der LBS zustehende Betrag an die Eheleute … rechtsgrundlos ausgekehrt worden sei und die H die offene Forderung der … erstattet habe. Die Eheleute … wurden in diesem Schreiben der … aufgefordert, die offene Summe zugunsten des Darlehenskontos … bei der … zurück zu überweisen.
Unvollständige Angaben über Verbindlichkeiten im außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren sind dem Schuldner zuzurechnen Angesichts dieses eindeutigen Schreibens durfte die Prozessbevollmächtigte des Schuldners weder auf eine mündliche Auskunft der … im Mai 2009 noch auf die vorgelegten Schreiben der … v. 13.5. und 20.5.2009 vertrauen, in denen es heißt, dass keine bestehende Geschäftsverbindung habe ermittelt werden können und das Konto … erloschen sei. Der Prozessbevollmächtigten des Schuldners waren das Schreiben der … v. 10.3.2009 und das Schreiben des Schuldners v. 10.4.2008, in dem dieser ausdrücklich darauf hinweist, dass durch ein Versehen der … noch eine Forderung der … entstanden sei, bekannt. Es wäre Aufgabe der Prozessbevollmächtigten des Schuldners gewesen, weitere Nachforschungen über die Existenz der im Schreiben der … v. 10.3.2009 erwähnten Forderung anzustellen. Die Prozessbevollmächtigte des Schuldners legt auch nicht das von ihr in der Beschwerdeschrift erwähnte Schreiben v. 7.5.2009 vor, in welchem sie nach ihren Ausführungen u.a. um Mitteilung gebeten hat, für den Fall der Abtretung der Forderung, den neuen Gläubiger mit Aktenzeichen und Adresse zu benennen. Sie konnte auch nicht davon ausgehen, dass die im Schreiben v. 10.3.2009 genannte Forderung zwischenzeitlich etwa getilgt war. Eine derartige Information des Schuldners lag nicht vor.
I.Ü. beziehen sich die Schreiben der H v. 13. und 20.5.2009 ausdrücklich auf das außergerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren M.
Das Verschulden seiner Prozessbevollmächtigten hat sich der Schuldner gem. § 4 InsO, § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO i.V.m. Nr. 2361 GKG KostVerz.