Verkürzung der Wohlverhaltensperiode

29.06.2001

LG Stuttgart, Beschluss vom 29.6.2001 – 10 T 494 / 00

Leitsatz des Gerichts:

Gemäss Artikel 107 EGInsO kann die Wohlverhaltensperiode von 7 auf 5 Jahre verkürzt werden, wenn der Insolvenzschuldner am 31.12.1996 zahlungsunfähig war.

Aus dem Sinn und Zweck dieser Regelung folgt aber auch, dass dann die Voraussetzungen der Verkürzung der Wohlverhaltensperiode nicht mehr vorliegen, wenn die Zahlungsunfähigkeit nach dem 31.12.1996 wieder in Wegfall gerät und nicht durchgehend bis zur Stellung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch bestand.

LG Stuttgart, Beschluss vom 29.6.2001 – 10 T 494 / 00

Fundstelle: ZInsO 2002, 296

Kommentar:

Mit zunehmendem zeitlichen Abstand zum Stichtag 31.12.1996 wird die Anwendung der Verkürzungsregelung des Artikel 107 EGInsO immer heikler. Ohnehin beträgt die zeitliche Differenz für Neuverfahren ( Eröffnung seit dem 1.12.2001 ) nurmehr 1 Jahr.

Wenn der Schuldner etwa nach dem Stichtag einen neuen Kredit aufgenommen hat und diesen anfänglich auch regelmässig bedient hat, so ist damit nachgewiesen, dass die Zahlungsunfähigkeit überwunden wurde. Die Verkürzung der Wohlverhaltensperiode auf 5 Jahre ist dann nicht mehr möglich.

Anders ist der ( häufige ) Fall zu beurteilen, dass der Schuldner ( u.U. aus seinem unpfändbaren Einkommen ) auf Altforderungen auch nach dem Stichtag noch Kleinstraten geleistet hat, um z.B. dadurch eine Kontopfändung zu vermeiden. In der Regel wurden durch solche Kleinstraten die Schulden nicht substantiell vermindert, sondern sind im Gegenteil häufig noch angestiegen. Dies stellt keine Überwindung der Zahlungsunfähigkeit dar, wie bereits in mehreren Gerichtsbeschlüssen festgestellt wurde ( z.B. LG Göttingen, ZInsO 2001, 379 ).

Grundsätzlich heikel sind bei der Beantragung der Verkürzung der Wohlverhaltensperiode auch alle Forderungen, die nach dem Stichtag entstanden sind. Wenn der Schuldner beispielsweise angibt, er sei 1996 bereits zahlungsunfähig gewesen und hat dann 1998 erneut eine Versandhausbestellung aufgegeben, die nicht bezahlt wurde, dann liegen hier ganz offensichtlich Verdachtsmomente für einen Eingehungsbetrug vor. Der Gläubiger kann dann seine Forderung als ausgenommen gemäss § 302 InsO zur Tabelle anmelden. Zu diesem Thema liegt bereits ein rechtskräftiger Beschluss des LG München II vom 4.7.2001 vor ( ZInsO 2001, 720 ).

Im Zweifelsfall sollte deshalb auf die Anwendung der Verkürzungsregelung verzichtet werden.

Michael Schütz

7.4.2002