Lediglich schriftliche erhobene Einwendungen gegen das Schlussverzeichnis sind unzulässig

28.11.2010

AG Krefeld, Beschluss vom 28. 11. 2000 - 93 IK 29/99

Wenn vom Gericht der Schlusstermin bereits bestimmt wurde, ist eine erst danach erfolgte Anmeldung einer Forderung durch einen Insolvenzgläubiger nach § 188 Abs. 3 InsO als Einwendung gegen das Schlussverzeichnis zu betrachten, die nur durch eine persönliche Anwesenheit des Gläubigers im Schlusstermin ordnungsgemäß erhoben werden kann. Eine Mitteilung in Form einer verspäteten Anmeldung genügt in diesem Fall nicht.

AG Krefeld, Beschluss vom 28. 11. 2000 - 93 IK 29/99

Fundstelle: ZInsO 2001, 772 - 773

Gegen die Schuldnerin wurde am 1.2.2000 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Ablauf der Anmeldefrist wurde auf den 2.3.2000 festgelegt (§ 28 Abs. 1 InsO), der schriftliche Prüfungstermin auf den 16.3.2000 (§§ 312 Abs. 1, 29 InsO). Veröffentlicht wurde der Eröffnungsbeschluss im Regierungsamtsblatt vom 10.2.2000, die Zustellung an die Gläubiger erfolgte durch den Treuhänder per Aufgabe zur Post am 9.2.2000 (§§ 30 Abs. 1 und 2, 9 InsO). Durch Beschluss des AG vom 21.8.2000 wurde, nachdem der Treuhänder den Abschluss der Verwertung der Masse angekündigt hatte, Schlusstermin auf den 7.11.2000 bestimmt (§§ 196, 197 InsO). Der beschwerdeführende Gläubiger meldete am 26.9.2000, also nach Bestimmung des Schlusstermins, seine Forderung bei dem Treuhänder an. Zur Prüfung dieser und weiterer nachträglich angemeldeter Forderungen wurde ein besonderer Prüfungstermin im schriftlichen Verfahren anberaumt (§ 177 InsO). Die Forderung wurde durch Erklärung des Verwalters anerkannt und als festgestellt in die Tabelle eingetragen.

Zum Schlusstermin erschien der Gläubiger nicht. Durch Beschluss des AG vom 15.11.2000 wurde die Einwendung dieses Gläubigers gegen das Schlussverzeichnis als unzulässig zurückgewiesen, da die Einwendung nicht persönlich im Schlusstermin vorgebracht worden ist. Der Beschluss wurde dem Gläubiger am 17.11.2000 zugestellt (Empfangsbekenntnis). Mit Schreiben vom 22.11.2000 erhob der Gläubiger gegen den abweisenden Beschluss das Rechtsmittel der Beschwerde.

Aus den Gründen:

Die als sofortige Beschwerde zu deutende Einwendung des Gläubigers ist zulässig (§§ 197 Abs. 3, 194 Abs. 2 Satz 2, 6 InsO, § 11 Abs. 1 RPflG) und fristgerecht innerhalb der Notfrist von 2 Wochen ab Zustellung eingelegt worden (§§ 6 Abs. 2 Satz 1, 4 InsO, § 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Das Insolvenzgericht kann der Beschwerde abhelfen (§ 6 Abs. 2 Satz 2 InsO). Nach dem geschilderten Sachverhalt kann der Beschwerde jedoch nicht abgeholfen werden. Insolvenzgläubiger werden durch den Eröffnungsbeschluss aufgefordert, innerhalb der darin gesetzten Frist ihre Forderungen beim Treuhänder anzumelden (§§ 28 Abs. 1, 174 InsO). Ausgehend vom Eröffnungsdatum, dem 1.2.2000, wurde die Anmeldefrist auf den 2.3.2000 festgesetzt. Der Beschluss wurde u.a. dem beschwerdeführenden Gläubiger durch den beauftragten Verwalter am 6.2.2000 zugestellt. Wenn auch § 30 Abs. 2 InsO vorsieht, dass den Gläubigem der Eröffnungsbeschluss gesondert zugestellt wird, genügt zum Nachweis der Zustellung die öffentliche Bekanntmachung (§ 9 Abs. 3 InsO). Die Veröffentlichung erfolgte im Regierungsamtsblatt Nr. 6 vom 10.2.2000. Die Ausgabe wurde am 14.2.2000 versandt, so dass die Bekanntmachung mit dem 17.2.2000 als bewirkt gilt (§ 9 Abs. 1 Satz 3 InsO). Es kann daher unterstellt werden, dass der Gläubiger von der Tatsache der Eröffnung und der gesetzten Anmeldefrist Kenntnis zu diesem Zeitpunkt und nicht erst mit Übersendung des Beschlusses zum Schlusstermin hatte.

Die Anmeldefrist des § 28 Abs. 1 InsO ist nach überwiegender Meinung keine Ausschlussfrist ( Kübler / Prütting, Kommentar zur InsO, Rn. 2 zu § 28 InsO; Heidelberger Kommentar zur InsO, Rn. 5 zu § 28 InsO ). Auch nach Ablauf der Anmeldefrist kann ein Gläubiger seine Forderung anmelden, wobei er zunächst durch die Kosten des nachträglichen Prüfungstermins belastet wird. In jedem Fall muss ein Gläubiger mit Rechtsnachteilen rechnen, wenn er seine Forderung erst nach Bestimmung des Schlusstermins anmeldet. Ein Schlusstermin wird bestimmt, wenn der Treuhänder die vorhandene Masse verwendet und das Insolvenzgericht die Schlussverteilung genehmigt hat (§§ 196, 197 Abs. 1 InsO).

Die Bestimmung des Schlusstermin ist öffentlich bekanntzumachen (§ 197 Abs. 2 InsO). Eine besondere Zustellung an die Gläubiger ist, anders als bei einem Eröffnungsabschluss, nicht vorgesehen. Ist die Zustellung bewirkt, gilt die Terminbestimmung als zugestellt (§ 9 Abs. 3 InsO). Eine vom Treuhänder veranlasste Übersendung des Beschlusses dient der rationellen Abwicklung des Verfahrens, bewirkt aber keine Ingangsetzung von Fristen und entfaltet keine gesetzlich geregelten Rechtsfolgen.

Das zur Schlussverteilung erforderliche Schlussverzeichnis wird vom Treuhänder nach dem Ergebnis der Prüfungstermine und ggf. nachträglicher Erklärungen erstellt und enthält alle ganz oder teilweise festgestellten Forderungen (§ 188 InsO). Ausdrücklich geregelt ist die Möglichkeit der Gläubiger bestrittener Forderungen, der Forderungen, die nur für den Ausfall anerkannt sind, sowie aufschiebend bedingter Forderungen gegen das Schlussverzeichnis Einwendungen gegenüber dem Treuhänder zu erheben (§§ 189 ff. InsO).

Eine nachträgliche Anmeldung kann nach Bestimmung des Schlusstermins nur als Einwendung gegen das Schlussverzeichnis, dessen Vorliegen sowohl durch den Verwalter (§ 188 Satz 3 InsO) als auch durch das Gericht bekanntgemacht wird, behandelt werden. Der Gläubiger macht mit der Anmeldung geltend, nicht in das Verteilungsverzeichnis aufgenommen worden zu sein und erhebt damit die stärkste Einwendung gegen das Verzeichnis.

Das Verfahren zur Behandlung solcher Einwendungen sieht vor, dass der Gläubiger im Termin persönlich anwesend ist und die Einwendung geltend macht (§ 197 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Insoweit ist der Wortlaut des § 197 InsO eindeutig. Eine schriftliche Mitteilung in Form einer verspäteten Anmeldung genügt hier nicht ( Kübler / Prütting, Kommentar zur InsO, Rn. 6 zu § 197; Hess, Kommentar zur InsO, Rn. 8, 10 zu § 197 InsO).

Die Einwendung des Gläubigers ist daher zu Recht als unzulässig zurückgewiesen worden, da der Gläubiger seine Einwendung nicht persönlich im Termin vorgetragen hat. Eine Abhilfe kommt somit nicht in Betracht.

Kommentar:

Es muss als Versäumnis des Gesetzgebers angesehen werden, dass die Frist zur Forderungsanmeldung durch die Insolvenzgläubiger keine absolute Ausschlussfrist ist. In der Praxis ist immer wieder zu beobachten, dass erst nach Erstellung des Schlussverzeichnisses und Ankündigung des Schlusstermins einzelne Gläubiger ihre Forderung anmelden, obwohl sie in der Regel vorher mehr als reichlich Zeit dazu hatten und ihnen der Eröffnungsbeschluss durch den Treuhänder sogar separat zugestellt wurde. Dies ist für alle Verfahrensbeteiligten mehr als lästig, es muss ein nachträglicher Prüfungstermin bestimmt werden, das Schlussverzeichnis muss geändert werden, die Quoten neu berechnet u.s.w..

Da in der Regel in den seltensten Fällen Gläubiger am Schlusstermin teilnehmen, hat das AG Krefeld hier einen sehr wirkungsvollen Weg gefunden, unstrukturierte Gläubiger zumindest in dieser letzten Phase des eröffneten Verfahrens vom weiteren Verfahren de facto auszuschliessen. Völlig richtig hat das AG Krefeld erkannt, dass es sich bei einer Forderungsanmeldung in diesem späten Stadium um eine Einwendung gegen das Schlussverzeichnis handelt. Wird der Schlusstermin, was ohnehin zu empfehlen ist, als persönlicher Termin abgehalten, muss der Gläubiger hier auch persönlich erscheinen und seine Einwendung vortragen. Versäumt er dies, kann er weder aus der Insolvenzmasse noch aus den Abtretungsbeträgen der späteren Wohlverhaltensperiode eine quotale Befriedigung erwarten. Er ist Insolvenzgläubiger mit der Quote 0 % und verliert seine Forderung nach erfolgreichem Abschluss des Restschuldbefreiungsverfahrens so wie alle anderen auch.

Michael Schütz

22.11.2001