Verweigerung der Zustimmungsersetzung wegen wirtschaftlicher Schlechterstellung; Unterhaltsgewährung nach § 100 InsO

15.12.1999

LG Hamburg, Beschluss vom 15.12.1999 - 326 T 178 / 99

Leitsätze:

  1. Bei der Entscheidung über die Frage, ob Gläubiger durch einen Schuldenbereinigungsplan schlechter gestellt werden als bei der Durchführung des Restschuldbefreiungsverfahrens ( § 309 Abs. 1 Nr. 2 InsO ), bleibt nur das nach § 850 c pfändungsfrei Arbeitseinkommen unberücksichtigt. Soweit Arbeitseinkommen erst durch eine gerichtliche Entscheidung von der Pfändbarkeit ausgenommen würde, z.B. nach § 850 f ZPO, ist dies bei Fehlen einer entsprechenden Entscheidung voll massezugehörig.
  2. Der Schuldner hat nach § 100 InsO nicht in jedem Fall Anspruch auf Zahlung von Unterhalt für sich und seine Familie, vielmehr beschließt die Gläubigerversammlung, ob und in welchem Umfang Unterhalt gewährt werden soll.

LG Hamburg, Beschluss vom 15.12.1999 - 326 T 178 / 99
Vorinstanz: AG Hamburg, Beschluss vom 12.10.1999 - 68 a IK 8 / 99

Quelle: ZinsO 2000, 108

Kommentar:

In dem zu Grunde liegenden Schuldenbereinigungsplan war das pfändbare Einkommen nach § 850 f ZPO berechnet worden, ohne daß eine entsprechende Entscheidung des Vollstreckungsgerichtes bereits vorlag. Die Schuldnerin hatte Zustimmungsersetzung beantragt, was vom AG und LG Hamburg dann abgelehnt wurde, weil die nach § 850 f ZPO erweitert pfandfreien Beträge zur Insolvenzmasse gehören.

Allgemein wird in der Literatur die Anwendung von § 850 f ZPO wegen der grundsätzlichen Freiwilligkeit der Abtretungserklärung im Rahmen des Verbraucherinsolvenzverfahrens abgelehnt, da es sich ab der Eröffnung des Verfahrens nicht mehr um eine Zwangsvollstreckung handelt.

Der 2. Punkt macht deutlich, daß das Verbraucherinsolvenzverfahren für selbständig tätige Schuldner kein gangbarer Weg ist. Im eröffneten Verfahren fällt das gesamte Einkommen des Schuldners in die Insolvenz-masse und die Gläubigerversammlung kann nach ein paar Monaten Verfahrensdauer dem Schuldner ( und seinen unterhaltsberechtigten Angehörigen ) aus der Insolvenzmasse Unterhalt gewähren. Eine Verpflichtung dazu besteht aber nicht, vor allem aber wird es regelmäßig um die notwendige Höhe des Unterhaltes Streit geben. Bis zu einer eventuellen positiven Entscheidung der Gläubigerversammlung ( die es im schriftlichen Verfahren gar nicht gibt ) steht der selbständige Schuldner gänzlich ohne Einkünfte da. Ein Sozialhilfeanspruch in dieser Zeit dürfte fraglich sein, da die Beantragung des Verbraucherinsolvenzverfahrens freiwillig ist.

Beitrag von:
Michael Schütz