Notwendige Ersetzung der Zustimmung aller widersprechenden Gläubiger zum Schuldenbereinigungsplan

11.12.2000

BayObLG, Beschluss vom 11.12.2000 - 4 Z BR 21/00

  1. Kann die Zustimmung auch nur eines widersprechenden Gläubigers zum Schuldenbereinigungsplan nicht ersetzt werden, so ist das Verfahren nach § 311 InsO als vereinfachtes Insolvenzverfahren fortzusetzen.
  2. Ein Beschluss nach § 308 Abs. 1 Satz 1 Inso, in dem ausgesprochen ist, dass der Schuldenbereinigungsplan als angenommen gilt, wird gegenstandslos, wenn die Ersetzung der Zustimmung widersprechender Gläubiger auf die sofortige Beschwerde des Schuldners oder eines Gläubigers gem. § 309 Abs. 2 Satz 3 InsO aufgehoben wird.
  3. Ohne schlüssigen Vortrag und ohne Glaubhaftmachung von Hinderungsgründen i. S. d. § 309 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 InsO für eine Ersetzung der Zustimmung eines widersprechenden Gläubigers darf das Gericht Einwendungen des Gläubigers gegen den Schuldenbereinigungsplan nicht prüfen. Trägt der Gläubiger stattdessen nur allgemein seine Unzufriedenheit vor, so muss sich das Gericht mit diesem Vorbringen nicht befassen.

BayObLG, Beschluss vom 11.12.2000 - 4 Z BR 21 / 00

Vorinstanzen: AG Würzburg, LG Würzburg

Fundstelle: ZIP 2001, 204-207

Kommentar:

Bei dem bundesweiten Wettbewerb der deutschen Insolvenzgerichte zu der Frage: "Wer macht die gröbsten Fehler im Schuldenbereinigungsplanverfahren ? " hat sich, wie aus diesem Beschluss offenbar wird, das AG Würzburg unangefochten an die Spitze gesetzt.

In dem jetzt vom Bayerischen Obersten Landesgericht entschiedenen Fall hatte der Schuldner 70 Gläubiger und hatte für diese 70 Gläubiger einen Schuldenbereinigungsplan eingereicht, der mehrfach geändert wurde. Das Verfahren endete damit, dass das AG Würzburg den Schuldenbereinigungsplan für 69 Gläubiger bestätigte und für den Gläubiger Nr. 70 mit einer Forderung von immerhin DM 60.000,00 nicht bestätigte. Gleichzeitig lehnte es die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ab. Mit Gläubiger Nr. 70 gab es einen Streit über die Höhe der Forderung zwischen Gläubiger und Schuldner.

Der Schuldner stand nun vor dem Ergebnis, dass zwar mit 69 Gläubigern ein gültiger Vergleich erzielt worden war, gleichwohl aber der Gläubiger Nr. 70 seine Forderung behielt und ohne Einschränkungen aus dem Titel vollstrecken konnte. Es liegt auf der Hand, dass keinem Schuldner ein solcher teilbestätigter Schuldenbereinigungsplan etwas nützt. Die Insolvenzordnung sieht ein solches Ergebnis auch nicht vor.

Die Beschwerde des Schuldners zum Landgericht Würzburg blieb ohne Erfolg. Erst die weitere Beschwerde zum Bayerischen Obersten Landesgericht brachte die Wende. Es ist bedauerlich, dass es erst in dieser sehr hohen Instanz Richter gibt, die in der Lage sind, die in diesem Punkt zweifelsohne sehr komplizierte Insolvenzordnung zu verstehen und richtig anzuwenden.

Das Bayerische Oberste Landesgericht ordnete an, dass in diesem Fall das Verfahren wieder aufzunehmen ist und dass nach Zahlung eines Vorschusses das Insolvenzverfahren eröffnet werden muss. Wie aus dieser Entscheidung deutlich wird, hat hier allein das Schuldenbereinigungs-planverfahren 18 Monate gedauert und dürfte bei 70 Gläubigern für den Schuldner einen erheblichen Arbeitsaufwand dargestellt haben.

Ganz offensichtlich ging es dem AG Würzburg darum, dass gesamte Verbraucherinsolvenzverfahren zu konterkarieren und ins Lächerliche zu ziehen. Gleichzeitig zeigt der Beschluss ein grundsätzliches Problem des gerichtlichen Schuldenbereinigungsplanverfahrens auf. Besteht auch nur mit einem Gläubiger Streit über die Höhe der Forderung, so kann der Schuldenbereinigungsplan im Ganzen nicht bestätigt werden. Wenn der Schuldner im Schuldenbereinigungsplanverfahren zu einem Erfolg kommen will, ist es im Zweifel sinnvoller, einen kleinlichen Streit mit den Gläubigern über die exakte Höhe von deren Forderungen vermeiden und stattdessen ganz einfach die Angaben der Gläubiger im Schuldenbereinigungsplan zu übernehmen.

Michael Schütz