Zulässige mehrfache Nachbesserung des Schuldenbereinigungsplans bei Eigenantrag des Schuldners

08.12.2000

LG Hannover, Beschluss vom 8. 12.2000 - 20 T 2104/00

Leitsatz:

Bei einem Eigenantrag des Schuldners kann ausnahmsweise auch einmal eine dritte Runde im Schuldenbereinigungsplanverfahren zulässig sein, wenn berechtigte Aussicht auf Annahme des Planes besteht.

Gründe:

1. Der Antragsteller und Beschwerdeführer wendet sich gegen die Abweisung seines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse.

Er beantragte mit Schriftsatz vom 8. 3. 2000 die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens (§ 305 InsO). Nach Scheitern eines ersten Schuldenbereinigungsplanes mangels Zustimmung der erforderlichen Anzahl der am Verfahren beteiligten Gläubiger reichte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 20.7.2000 einen geänderten bzw. ergänzten Schuldenbereinigungsplan beim Insolvenzgericht ein. Nachdem auch dieser abgelehnt worden war, übersandte er dem Insolvenzgericht unter dem 27.9.2000 einen weiteren, nachgebesserten Schuldenbereinigungsplan. Zugleich wies er daraufhin, dass sich nunmehr zwei Gläubiger, die Volksbank B. sowie die Y.-Bank bereit erklärt hätten, der darin erzielten Einigung - Einmalzahlung in Höhe von 80.000 DM, zahlbar in drei Monatsraten - zuzustimmen.

Das Amtsgericht hat dem Beschwerdeführer mit Beschluss vom 28.9.2000 aufgegeben, Kostenvorschuss zur Deckung der Kosten des Insolvenzverfahrens zu leisten und zugleich auf die kostenpflichtige Abweisung des Insolvenzantrages bei Nichtzahlung hingewiesen. Seine dagegen am 11. 10. 2000 eingelegte sofortige Beschwerde hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 23. 10. 2000 zurückgenommen; Kostenvorschuss hat er nicht eingezahlt.

Das Amtsgericht hat daraufhin den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse mit Beschluss vom 2. 11. 2000 abgewiesen. Dazu hat es ausgeführt, es sei über die Verfahrenseröffhung zu entscheiden gewesen, da das Gesetz keinen dritten Schuldenbereinigungsplan erlaube. Hinzu komme, dass der eingereichte Schuldenbereinigungsplan nicht den Inhalt des Vorschlags des Planes richtig wiedergebe.

Mit seiner dagegen gerichteten sofortigen Beschwerde macht der Antragsteller geltend, das lnsolvenzgericht sei zur Zustellung auch eines weiteren, nachgebesserten Schuldenbereinigungsplanes verpflichtet, da mit der Volksbank B. und der Y.-Bank zwei Gläubiger mitgeteilt hätten, einem nachgebesserten Schuldenbereinigungsplan zuzustimmen. Der nachgebesserte Plan entspreche auch dem Vorschlag, den die Gläubiger angenommen hätten.

II. Die gemäß § 6 Abs. 1, § 34 Abs. 1 Alt. 2, § 26 Abs. 1 Satz 1 InsO statthafte und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers hat auch in der Sache Erfolg. Denn entgegen der Auffassung des Insolvenzgerichtes ist der vom Schuldner unter dem 27.9.2000 vorgelegte nachgebesserte Schuldenbereinigungsplan den am Verfahren beteiligten Gläubigem zuzustellen (§ 307 Abs. 3 InsO); über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 311 InsO) ist mithin noch nicht zu entscheiden.

Der Wortlaut des § 307 Abs. 3 InsO ist hinsichtlich der Frage, ob nach einem bereits nachgebesserten Schuldenbereinigungsplan eine erneute Ergänzung bzw. Änderung durch den Schuldner statthaft ist, nicht eindeutig. § 307 Abs. 3 InsO bestimmt lediglich, dass dem Schuldner Gelegenheit zu geben sei, den Schuldenbereinigungsplan binnen einer vom Gericht zu bestimmenden Frist zu ändern oder zu ergänzen. Dies lässt zwar durchaus den vom Amtsgericht gezogenen Schluss zu, das Gesetz gehe nach gescheitertem Schuldenbereinigungsplan regelmäßig nur von einem Nachbesserungsversuch aus, schließt jedoch nach Ansicht der Kammer auch nicht aus, dass eine weitere Änderung unter besonderen Umständen, die vorliegend als gegeben anzunehmen sind, zuzulassen ist.

Auch die einschlägige Kommentierung ist, wie das Amtsgericht zutreffend herausgestellt hat, durchaus uneinheitlich:

Während teilweise eine weitere Stellungnahmerunde ausdrücklich abgelehnt wird ( Wimmer/Grote, InsO, 2. Aufl., 1999, § 307 Rz. 20) oder festgestellt wird, es werde im Allgemeinen kein Anlass bestehen, dem Schuldner eine weitere Nachbesserung zu gestatten (Landfermann, in: HK-InsO, 1999, § 307 Rz. 10 ) vertreten Nerlich/Römermann die Auffassung, die InsO sehe einen Regelsatz, wonach eine zweite Gelegenheit zur Nachbesserü,ng nur ausnahmsweise eingeräumt werden dürfe, nicht vor (Römermann, in: Nerlich/Römermann, InsO, Stand: 5/2000, § 307 Rz. 20 ).

Es kann dahinstehen, wieviele "Stellungnahmerunden" und "Nachbesserungsversuche" regelmäßig durchzuführen bzw. zu gestatten sind, bevor das Schuldenbereinigungsverfahren als gescheitert anzusehen und von Amts wegen über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu entscheiden ist (§ 311 InsO). Denn vorliegend sind nach Auffassung der Kammer besondere Umstände gegeben, die ausnahmsweise die Zustellung eines weiteren Schuldenbereinigungsplanes erlauben.

Zum einen nämlich ist zu berücksichtigen, dass vorliegend über einen Eigenantrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu entscheiden ist. Bei einem solchen Antrag aber sind die Interessen der beteiligten Gläubiger an der Beschleunigung des Verfahrens regelmäßig geringer einzuschätzen als in dem Fall, in dem sie selbst die wirtschaftliche Situation des Schuldners als so kritisch und ihre Ansprüche als derart gefährdet ansehen, dass sie von sich aus den Weg in das Insolvenzverfahren wählen. Hinzu kommt, dass es der Insolvenzschuldner in diesem Falle in der Hand hat, nach Scheitern des erstmals nachgebesserten Schuldenbereinigungsplanes seinen Antrag auf Durchführung des Insolvenzverfahrens zurückzunehmen und den zum zweiten Male ergänzten bzw. geänderten Plan zur Grundlage eines neuen Insolvenzantrages zu machen. Damit aber würde noch mehr Zeit verstreichen, bis sich die Verfahrensbeteiligten einigten; dem berechtigten Interesse der Gläubiger am zügigen Verfahrensablauf wäre mithin noch weniger Genüge getan. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass auf Grundlage des unwidersprochenen Vortrags des Schuldners sowie der Stellungnahmen der beteiligten Gläubiger zu dem (abgelehnten) zweiten Schuldenbereinigungsplan von einer Einigung für den Fall einer einmaligen Zahlung von 80.000 DM auszugehen ist. Daher ist nicht ersichtlich, wie den Interessen des Gläubigers am zügigen Verfahrensabschluss besser gedient sein könnte als mit der Zustellung des nachgebesserten Planes, zumindest wenn dieser - wie hier - derart hohe Erfolgsaussichten hat. Dieser Sichtweise steht im Übrigen auch nicht entgegen, dass zwei der beteiligten Gläubiger auch einem dritten Schuldenbereinigungsplan aller Voraussicht nach widersprechen werden. Denn insgesamt werden mehr als die Hälfte der benannten Gläubiger, die überdies mehr als die Hälfte der Ansprüche auf sich vereinen, voraussichtlich zustimmen, wobei bislang weder eine nicht angemessene Beteiligung noch eine Schlechterstellung der widersprechenden Gläubiger bei Durchführung des Schuldenbereinigungsplanes glaubhaft gemacht worden ist ( § 309 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 InsO ).

Vor diesem Hintergrund ist der nachgebesserte Schuldenbereinigungsplan erneut zuzustellen. Denn das Gericht hat - wie schon hinsichtlich der Frage der Zustellung der ersten Ergänzung - ein Ermessen und muss die Wahrscheinlichkeit einer Einigung mit der Pflicht der zügigen Durchführung des Verfahrens abwägen (so zur ersten Nachbesserung: Wimmer/ Grote, aaO, § 307 Rz. 16). Es muss also nicht nur, wie das Amtsgericht insoweit zutreffend ausgeführt hat, ein verfahrensverzögemdes "Stellungnahmekarussell" vermeiden, sondern es muss auch berücksichtigen, dass das Schuldenbereinigungsverfahren ja gerade das kostenintensivere und für alle Beteiligten aufwändigere Insolvenzverfahren vermeiden soll. Dies aber hat das Amtsgericht in Anbetracht der besonderen Umstände dieses Falles nicht hinreichend getan.

Im Übrigen hat es zu Unrecht angenommen, der eingereichte Schuldenbereinigungsplan gäbe den Inhalt des Vorschlags des Schuldners nicht richtig wieder: denn ausweislich der Schreiben der Sparkasse R. vom 21. 8.2000 sowie der Volksbank B. vom 17. 8. 2000 sollte der Betrag von etwa 80.000 DM anteilsmäßig auf die vier Gläubiger verteilt werden. Genau dies aber sieht der Schuldenbereinigungsplan vor, indem er den nicht verzichtenden bzw. nicht zurücktretenden Gläubigern eine anteilige Quote der Befriedigung zubilligt.

Die Entscheidung des Amtsgerichts konnte daher nicht aufrechterhalten werden.

LG Hannover, Beschluss vom 8. 12.2000 - 20 T 2104/00 ( rechtskräftig )

Vorinstanz: AG Hameln

Fundstelle: ZIP 2001, 208 - 209

Kommentar:

Durch diesen Beschluss des LG Hannover wird klargestellt, dass es im Einzelfall bei entsprechender Erfolgsaussicht auch zu einer dritten Zustellungsrunde des Schuldenbereinigungsplanverfahrens kommen kann. In diesem Fall wurde eine beträchtliche Einmalzahlung in Aussicht gestellt, die vermutlich bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Befriedigung der Gläubiger nicht zur Verfügung stünde.

Zu beachten ist hierbei, dass dieser Beschluss nur bis ( voraussichtlich ) zum 30.11.2001 gilt. Danach trifft die Entscheidung über eine ( weitere ) Durchführung des Schuldenbereinigungsplanverfahrens mit Inkrafttreten des InsO-Änderungsgesetzes ausschliesslich der jeweilige Insolvenzrichter. Das geänderte Gesetz sieht gegen eine ablehnende Entscheidung des Gerichts kein Rechtsmittel vor.

Im Regelinsolvenzverfahren, in das nach Inkrafttreten der Reform viele ehemals selbständige Schuldner verwiesen werden, besteht die Möglichkeit eines Schuldenbereinigungsplanverfahrens ohnehin nicht.

Michael Schütz

03.09.2001