Anforderungen an den außergerichtlichen Einigungsversuchs

01.02.2000

OLG Schleswig, Beschluss vom 1.2.2000 - 1 W 51/99

Leitsätze

    • An den Inhalt einer Bescheinigung nach § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind keine hohen Anforderungen zu stellen, insbesondere müssen keine Einzelheiten der Verhandlungsentwicklung protokolliert werden. Gerade durch das Merkmal der "Geeignetheit" einer bescheinigenden Stelle hat der Gesetzgeber die Insolvenzgerichte von einer inhaltlichen Prüfung entbunden.

     

    • Es ist auch nicht notwendig, dass die bescheinigende Person oder Stelle die Verhandlungen selbst geführt oder bei der Planerstellung mitgewirkt hat, da ein Vertretungszwang für das außergerichtliche Verfahren gerade nicht vorgesehen ist.

     

    • Hat ein Rechtsanwalt dem Schuldner die erfolglose außergerichtliche Einigung bescheingt, besteht im Hinblick auf die Stellung des Rechtsanwaltes als unabhängiges Organ der Rechtspflege kein Anlass, weitere Nachweise zu fordern.

OLG Schleswig, Beschluss vom 1.2.2000 - 1 W 51 / 99

Kommentar:

Der Beschluss des OLG Schleswig macht klar, dass der Aussteller der Bescheinigung über das Scheitern der aussergerichtlichen Einigungsbemühungen ( Rechtsanwalt oder Schuldnerberatungsstelle ) diese Verhandlungen nicht notwendigerweise selber geführt haben muss.

Rechtsanwälte sind in der Regel nicht bereit, für die sehr geringen Gebührenansätze der Beratungshilfe die sehr zeitraubenden und umfangreichen außergerichtlichen Verhandlungen durchzuführen. Wenn der Anwalt unter Berufung auf diesen Beschluss nur die Bescheinigung ausstellt, wird er dies unter Umständen auch für ein geringes Honorar tun.

Bei Schuldnerberatungsstellen besteht vielfach das Problem, dass wegen Überlastung oder unzureichender Landesförderung keine neuen Klienten für das Verbraucherinsolvenzverfahren angenommen werden.

Wenn der Schuldner sich in der Lage sieht, die außergerichtlichen Verhandlungen selber zu führen ( ggf. unter Anleitung eines Anwaltes oder Schuldnerberaters ), hat er nach diesem Beschluss jetzt eher die Möglichkeit, an die zwingend vorgeschriebene Bescheinigung zu kommen.

Der Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichtes vom 28.7.1999 - 4Z BR 1 / 99 - steht nicht im Widerspruch zu dem og. Beschluß des OLG Schleswig, da das BayObLG in diesem Fall moniert hat, daß keine ernsthaften außergerichtlichen Verhandlungen stattgefunden haben.

Es erscheint trotzdem sinnvoll, ein Musteranschreiben samt Reaktion des Gläubigers der Bescheinigung bei Antragseinreichung beim Insolvenzgericht beizufügen, um etwaige Zweifel über eine nicht ernsthafte außergerichtliche Verhandlungsführung beim Gericht auszuräumen.

Beitrag von: Michael Schütz