Private Krankenversicherungen verzichten auf Forderungen gegenüber privat versicherten ALG-II-Empfängern

08.03.2012

Mit der Gesundheitsreform 2007 wurde für jeden Bürger eine allgemeine Pflicht zur Versicherung in der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung eingeführt. Die Versicherungspflicht galt für gesetzlich Versicherte bereits ab dem 1. April 2007. Seit dem 1. Januar 2009 gilt sie auch für den Bereich der Privaten Krankenversicherung (PKV). Der größte Teil der in Deutschland lebenden Menschen ist in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versichert. Bezieher von Arbeitslosengeld II sind seit dem 1.Januar 2009 jedoch nicht mehr versicherungspflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), wenn sie unmittelbar vor dem Bezug von Arbeitslosengeld II privat krankenversichert waren oder nicht krankenversichert waren und zu dem der Privaten Krankenversicherung zugeordneten Personenkreis zählen. Sie müssen sich daher wieder in der PKV versichern , in der Regel im sogenannten Basistarif. Dieser reduziert sich für hilfebedürftige Versicherte um die Hälfte.
Bis Januar 2011 stellte sich für privat versicherte Bezieher von Arbeitslosengeld II das Problem, dass das Jobcenter nur den Betrag zahlte, den es auch für ALG II-Bezieher in der GKV zahlen muss. Weil dieser Betrag nicht ausreichte, um den reduzierten Beitrag zur PKV zu decken, entstand eine Finanzierungslücke von rund 150 Euro. Bei vielen Betroffenen sind zum Teil hohe Schulden (sog. Altschulden) aufgelaufen.
Im Januar 2012 hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden, dass das Jobcenter die laufenden Beiträge bis zur Höhe des halben Basistarifs übernehmen muss. Die Bundesregierung hat dies nun auch gesetzlich verankert. Da sich bei Hilfebedürftigen, die in der Regel im Basistarif der PKV versichert sind, der Beitrag auf die Hälfte reduziert, entsteht in diesem Fall eine Beitragslücke nicht mehr.
Unklar war aber weiterhin, wie mit den aufgrund der Beitragslücke entstandenen Altschulden verfahren wird.
Nachdem zunächst geklärt werden musste, ob die privaten Versicherungsunternehmen aus juristischen Gründen überhaupt auf ihre Forderungen verzichten dürfen, konnte nun, wie der Deutsche caritasverband heute mitteilte, eine Einigung zugunsten der Versicherten erzielt werden. Die PKV-Unternehmen sind grundsätzlich bereit, auf die Altschulden zu verzichten. Dies ergibt sich aus einem Bericht des Bundesministeriums für Gesundheit zu diesem Thema, der am 29. Februar im Gesundheitsausschuss debattiert wurde.
Um einen Forderungsverzicht im Einzelfall prüfen zu können, sollen sich die Betroffenen mit der Bitte um Erlass der Forderungen an ihr jeweiliges Versicherungsunternehmen wenden. Siehe dazu das beigefügte Musterschreiben. Bei Fragen und/oder Problemen sollten sich die Betroffenen gfs. auch an den "PKV - Verband der privaten Krankenversicherung e.V.", Gustav-Heinemann-Ufer 74 c, 50968 Köln wenden. (Quelle: Deutscher Caritasverband)
Musterschreiben zum Erlass von Alt-PKV-Schulden