Christa M.

13.06.2005

Der Mensch hinter den Schulden

Schönen guten Tag,zu meinem Alter: ich bin Mitte 40 und ledig. 

"Normale" Konsumschulden habe ich nie gehabt. (OK, mal einen bezahlbaren Autokredit, mal eine neue Küche, aber wenn, dann immer überschaubar). Ich habe nie über meine Finanzen gelebt, bis ich mich (mit zu erwartenden Dollarzeichen in den Augen, mit einem gewissen Maß an Vertrauen und auch einer gehörige Portion Naivität in meinem Glauben an Sparkassen/Banken und Steuerberater - denn ich war der Meinung: wenn DIE sagen ok, dann IST es auch OK) auf folgendes einließ (liegt in ähnlicher Form auch als Begründung in meinem Insolvenzbericht vor Gericht) 


Im Jahr 1992 erwarb ich auf Anraten einer Bekannten, - nennen wir sie Frau G.-, ein Grundstück. Wir besprachen den Ablauf dann mit der Maklerin, dem Architekten und nach einigem Zögern sagte ich - auch aufgrund der Gewinnausrechnung durch den Architekten - ja (ich wusste ja, dass sie jahrelang gebaut und verkauft hatte, also: Erfahrung hatte und außerdem mit ihren Immobilien bürgt und fühlte mich auch dadurch sicher. Dieses Grundstück sollte parzelliert und dann nach Bebauung mit Gewinn weiterverkauft werden. Die Anbahnung der Kreditgespräche mit mehreren Banken machte Frau G., ich war natürlich bei den Gesprächen mit der Sparkasse, die das Darlehen genehmigte, dabei. Ich hatte als Sicherheit lediglich mein Einkommen als Sekretärin und eine Eigentumswohnung (Wert von damals ca. 150.000 DM, lt. Gutachten, aber noch hoch belastet). 


Für den Erwerb des Grundstückes und die Baukosten bekam ich ein Darlehen von 1,2 Millionen DM. Frau G. bürgte mit ihren Immobilien. Inwieweit die Sicherheiten durch die Sparkasse geprüft wurden, ist mir nicht bekannt. Da es keinerlei Einwände gab, war ich von der Seriosität überzeugt. Heute weiß ich auch, dass Sparkassen/Banken anscheinend GAR nicht prüfen, auf was Darlehen gegeben werden (z. B. war ich der Meinung, dass die Sparkasse Unterlagen über die Immobilien von dem Bürgen anfordert - wie hoch ihre belastet sind -). Nach dem Verkauf sollte Frau G. einen Gewinnanteil erhalten. (Nach meinem heutigen Kenntnisstand hat mir Frau G. dieses Angebot lediglich gemacht, weil sie alleine keine weitere Finanzierung erhalten hätte, da ihre Immobilien (Vermutung!) selbst hoch belastet waren und die Bank dieses Darlehen hätte auch mir nicht vergeben dürfen. 


Aufgrund der lange bestehenden Bekanntschaft (20 Jahre) vertraute ich Frau G. Von bereits zu dieser Zeit aufgetretenen Unregelmäßigkeiten mit deren eigenen Grundstücksgeschäften habe ich erst nach Jahren durch deren Tochter, die ebenfalls in ähnlicher Weise geschädigt wurde, erfahren. Die Tochter ist mittlerweile auch in der Insolvenz und ist auch evtl. gerne bereit, die Geschichte zu erzählen, da Frau G. wohl mehrere Bekannte geschädigt hat und - Vermutung!: fast unbehelligt weiter macht. Ich bevollmächtigte Frau G. in meinem Namen zu handeln, da ich in einer anderen Stadt wohne und ich nicht jeden zweiten Tag zu ihr fahren wollte, wegen einer Unterschrift. Sie erhielt von mir Blankounterschriften auf Überweisungsträger, etc. und weiterhin blanko unterschriebene DINA4 Blätter. Die Erledigung der steuerlichen Belange wurde aufgrund der von mir erteilten Vollmacht durch Frau G. mit einem Steuerberater wahrgenommen. Die sich anbahnenden Schwierigkeiten aufgrund einer falschen steuerlichen Darstellung, Einnahme- Überschuss- Rechnung statt Bilanzierung, sind mir nicht klar gewesen, da ich in dieser Größenordnung nie gebaut hatte und auch kein Gewerbe angemeldet hatte (was wusste ich damals von der 3-Objekt-Grenze?). Der Steuerberater hat nach seiner Aussage Frau G. darauf hingewiesen, (mit mir hat er sich nie in Verbindung gesetzt!) sie hat aber aus "Kostenersparnisgründen" die Einnahme-Überschuss- Rechnung gewählt. Da sie nie Schwierigkeiten mit ihrem Finanzamt hatte (in Bezug auf Steuerklärung mit ihren eigenen Immobilien, wo sie auch nie bilanzieren musste und die Einnahmen-Überschuss anerkannt wurde) hat sich der Steuerberater auch nicht weiter darum gekümmert. Meine Post ging zum Teil an meine Geschäftsadresse bei Frau G., auch Einschreiben und Zustellungen wurden von ihr entgegen genommen. 


Die beginnenden Schwierigkeiten wurden von Frau G. mir gegenüber nicht erwähnt. Die einzige Warnung war, dass sich die Häuser nicht soooo gut verkauften aber sonst alles in Ordnung sei. Da ich zu dieser Zeit eine Weiterbildung absolvierte, gebe ich zu, dass ich sehr froh war, mich zu dieser Zeit nicht weiter um das Unternehmen kümmern zu müssen (ich wusste ja: sie hat Erfahrung und glaubte, dass sie das für diese 2 Jahre korrekt weiter führt und mich sofort informiert, wenn irgendetwas nicht in Ordnung ist, so dass ich auch reagieren kann). Erstmals im Juli des Jahres 1995 erschien ein Gerichtsvollzieher an meinem Arbeitsplatz. Und nun erfuhr ich durch den Gerichtsvollzieher, dass mittlerweile seitens der Sparkasse Mahn-, Vollstreckungs- und Pfändungsbescheide ergangen waren (allerdings nie zu meiner Privatadresse sondern immer zur Geschäftsadresse). Bis zum Jahre 1997 wurde seitens der Sparkasse die Zwangsvollstreckung betrieben. Es gelang mir, mich dahingehend zu einigen, dass ein Schuldenerlaß von 82.179,31 DM stattfand und der Rest von mir in einem Darlehen getilgt werden konnte, dass ich mit meinem Verdienst als Sekretärin auch tilgen konnte. Von 1995 bis 2002 habe ich die gegen mich bestehenden Forderungen so weit wie möglich (bis auf ca. 8000 Euro) abgezahlt. Neben meiner Arbeit bei einem grossen Konzern habe ich Nebentätigkeiten ausgeübt um überhaupt genügend Geld zum Leben zu haben, da ich zu der Zeit auch noch Stress mit einem nichtzahlenden Mieter in meiner Wohnung bekam (die wurde damals nicht mitversteigert, konnte ich behalten). Meine Mutter hat mich ebenfalls immer wieder unterstützt. Aber die Angelegenheit war für mich überschaubar. Ich war froh, dass ich, wenn auch mit einem dunkelblauem Auge, aus der Sache herauskam. Ich hakte es innerlich für mich ab unter: selber Schuld, wenn man sich auf andere verlässt 


Und doch noch in die Insolvenz: 
Im April und Mai 2002 kamen dann Steuernachforderungen an Einkommensteuer in Höhe von 182.000 € sowie zusätzlich noch ein dicker Brocken an Gewerbesteuer von 50.000 Euro aufgrund der falschen Buchführung. 


Es wurde die Vollstreckung angedroht. Mit einer Gehaltspfändung hätte ich weder die Möglichkeit gehabt, mein Darlehen für die ETW weiterhin zu bezahlen, geschweige denn, den Steuerberater wegen Falschberatung zu verklagen, da ich - auch durch die Abtragung der anderen Verbindlichkeiten - jeden Monat mit einem minus von 200 Euro "angefangen" hätte. 
Der Steuerberater bilanzierte nach, aber diese Nachbilanzierung wurde nicht anerkannt. 


Das teilte ich dem Finanzamt unter anderen mit und bat um "Erlass der Steuern", da ich gelesen hatte: bei existenzgefährdenden Gründen können Steuern erlassen werden (und die erhobenen Steuern waren ja auch noch "real" unberechtigt). 


Als Antwort kam zurück, dass keine existenzgefährdenden Gründe vorliegen würden und gepfändet werden kann. Meiner Meinung nach hätte der Steuerberater nicht mit meiner Bevollmächtigten, sondern mit mir diese existenzgefährdende Entscheidung: 
Einnahmen-Überschuss oder Bilanzierung besprechen müssen. Mein Gehalt wurde gepfändet. Auch die Finanzdirektion in Düsseldorf war der Meinung: diese Ansprüche bestehen zur Recht, es liegen keine existenzgefährdenden Gründe vor.

 
Dieser Steueranspruch hat nachweisbar niemals real bestanden. Es wurde ein Gewinn versteuert, der nie existiert hat (aus dem Jahr 1996, wo die restlichen Grundstücke und ein Haus versteigert wurde). Diese Steueransprüche sind rechtskräftig geworden, die Klage gegen das Finanzamt habe ich 2003 verloren. 


Bei einem letzten "Rechtsberatungsgespräch" im April vor 2 Jahren wurde mir kaltlächelnd gesagt: "Wir sehen natürlich, was hier passiert ist, aber wir sind im Recht". 


Seit vorigem Jahr musste ich durch diese Entscheidung vom Finanzamt eine Insolvenz anmelden, die absolut nicht notwendig gewesen wäre, wenn diese ungerechtfertigten, durch Paragraphen entstandenen Forderungen vom Finanzamt erlassen worden wären. Meine Eigentumswohnung, die ich eigentlich angeschafft hatte, um meine spätere Rente abzusichern, wurde voriges Jahr durch die Einreichung der Inso versteigert und ich stehe nach 30 Jahren Vollzeitjob und nach meiner Insolvenz (in 5 Jahren wird mir wohl die Restschuldbefreiung erteilt) praktisch vor dem: Nichts. 


Von meinem pfändungsfreien Gehalt kann ich relativ gut leben, da ich wesentlich mehr habe, als in den letzten Jahren. 


Tja und was meine Bekannten sagen, dass ich in der Inso bin? Alle schütteln über dieses Gerichtsurteil den Kopf, keiner versteht es, selbst meine IV hat in der Rechtsanwaltskanzlei gefragt, ob man da irgendetwas "machen" kann: NICHTS! 


Bitte haltet meine Geschichte wirklich anonym, da ich mich - nachdem ich jahrelang gegen Windmühlen gekämpft habe - fast damit "abgefunden" habe und sage: Augen zu und durch, ich kann es nicht mehr ändern. Lt. Paragraphen hat das Finanzamt Recht und ich habe soviele entnervte Stunden hinter mir, dass ich einfach: nicht mehr mag.

 
Die Steuererklärung ist rechtsgültig und eine Klage gegen den Steuerberater - die auch Jahre dauern würde - würde auch - nach Rücksprache mit meiner IV - darauf hinauslaufen, dass das Geld aus dem (evtl.) gewonnenen Prozess an das Finanzamt überwiesen wird. Und dafür werde ich gewiss nicht "kämpfen", denn durch diese erzwungene Inso habe ich auch noch andere Gläubiger (klar, die Sparkasse, wo meine ETW finanziert war) und ich bin wirklich froh, dass endlich wieder eines sogenannte Ruhe in mein Leben getreten ist.