Rechtsbehelfe gegen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen

02.07.2012

Was tun gegen Zwangsmaßnahmen?

Da man ohnehin kaum verstehen kann, jedenfalls als Laie, welches im jeweiligen Fall der richtige Rechtsbehelf ist, reicht es immer aus, den zulässigen Rechtsbehelf beim Vollstreckungsgericht einzulegen, ohne ihn näher zu bezeichnen. Wichtig ist, dass man den Rechtsbehelf schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgibt.

Erinnerung

Bei Verstoß des GV gegen die Pfändungsschutzbestimmungen, also z.B. §811 ZPO, muss man mit einer Erinnerung (§766 ZPO) eine Überprüfung durch das Vollstreckungsgericht erreichen. Die Erinnerung ist ein Rechtsmittel gegen jede Vollstreckungsmaßnahme, also z.B. auch den Erlaß eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, die ohne Anhörung des Schuldners erfolgt ist.
Vorteilhaft ist, daß dieses Rechtsmittel an keine Frist gebunden ist. Erst wenn der Grund, gegen den die Erinnerung eingelegt wird, nicht mehr besteht, weil etwa eine Forderung bezahlt ist, ist keine Erinnerung mehr möglich. Die Entscheidung erfolgt gebührenfrei, aber Auslagen müssen erstattet werden. Auch der Rechtsanwalt des Gläubigers kann keine weitere Gebühr verlangen, sie ist durch den Vollstreckungsauftrag abgegolten. Ein eigener Anwalt kostet 3/10-Gebühr nach § 57 BRAGO oder § 25 RVG, bzw. VV RVG Nr. 3309 u. 3310.
sofortige Beschwerde (§793 ZPO)

Die sofortige Beschwerde

Die sofortige Beschwerde (§793 ZPO) kommt in Betracht z.B. gegen die Entscheidung auf die Erinnerung sowie gegen Rechtspflegerentscheidungen nach Anhörung der Betroffenen. Frist: 2 Wochen. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Gericht abzugeben, das die Entscheidung erlassen hat. Es entscheidet die nächsthöhere Instanz. Erfolgreiche Beschwerden sind gebührenfrei, sonst fällt eine Gebühr an. Ein Rechtsanwalt kostet eine 5/10-Gebühr nach § 61 BRAGO oder VV RVG Nr. 3500, 3513, wer letztlich die Kosten trägt, entscheidet sich danach, wer hier "Recht" bekommt.

Vollstreckungsschutz in Härtefällen

Eine interessante Vorschrift findet sich in §765a ZPO, die bisher viel zu wenig beachtet worden ist, um möglicherweise Schutz bei außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen nach der InsO zu bieten. Aus dem Gesetzestext:

§ 765a (Vollstreckungsschutz)
(1) Auf Antrag des Schuldners kann das Vollstreckungsgericht eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn die Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Es ist befugt, die in § 732 Abs. 2 bezeichneten Anordnungen zu erlassen. Betrifft die Maßnahme ein Tier, so hat das Vollstreckungsgericht bei der von ihm vorzunehmenden Abwägung die Verantwortung des Menschen für das Tier zu berücksichtigen.
(2) ...

Der Korb ist für den Schuldner sicher hoch gehängt. Bislang war diese Vorschrift überwiegend für den Räumungsschutz bei Wohnraum angewandt worden, indem bei kranken Haushaltsangehörigen, bei kurz bevorstehender Entbindung, bei ärztlich attestierter Suicidgefahr oder bei drohender Pflegebedürftigkeit die Zwangsräumung aufgeschoben wird. In dieser Beziehung zeigt sich die Rechtsprechung schuldnerfreundlicher, so daß es richtig erscheint, diese Vorschrift stärker ins Auge zu fassen. Es ist zu hoffen, dass sich dadurch klare Rechtsprechungs-Standards entwickeln.

"Unnachgiebige Gläubiger, die durch egoistisch-kurzsichtige Einzelzwangsvollstreckungen eine anstehende Gesamtsanierung bedrohen, verhalten sich rechtsmißbräuchlich und damit sittenwidrig (vgl. LG Bochum MDR 1965, S. 683; Baumbauch/Lauterbach/Hartmann: ZPO, § 765a Rdn. 22)." (aus: "Schuldnerberatung in der Drogenhilfe", Teil 5 Kap. 44 S. 15).
§ 765a ZPO ist auch schon bei Kontopfändungen angewendet worden.

Vollstreckungsabwehrklage 

Wenn Du die Forderung bereits bezahlt hast oder eine Stundung durch den Gläubiger ausgesprochen ist und dieser trotzdem vollstreckt, mußt Du Dich durch eine Vollstreckungsabwehrklage (§767 ZPO)  wehren.

Hier kannst Du aber nur Sachen anführen, die nach dem Urteil oder Vollstreckungsbescheid aufgetreten sind. An dieser Stelle ist es nicht möglich, zu erklären, die Forderung habe nie bestanden.

Zuständig ist das Prozessgericht des ersten Rechtszuges (also das, das auf dem Schuldtitel steht) und nicht das Vollstreckungsgericht. Hier sollte man außerdem auch gleich die Einstellung der Zwangsvollstreckung (§769 ZPO) beantragen.

Drittwiderspruchsklage

Sie kann bei Ehegatten oder Lebensgemeinschaften wichtig sein. Wird ein Gegenstand gepfändet, und der Eigentümer ist nicht der Schuldner, muss der Eigentümer zunächst an den Gläubiger schreiben (mit Durchschrift an den Gerichtsvollzieher) und ihn mit Fristsetzung von 1 Woche auffordern, die Sache freizugeben (s. Muster). Wenn darauf nichts erfolgt, hilft nur die Klage. Eile ist geboten, sonst ist das Ding versteigert, und dann hilft nichts mehr! Man hat dann zwar einen Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung, aber das kann den Wert der versteigerten Sache nie ersetzen.Besondere Bedeutung hat dieser Punkt bei Leasingverträgen.