Der Gerichtsvollzieher kommt

16.02.2013

"Kuckuck" rufts vor der Tür...

Voraussetzung für Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durch den Gerichtsvollzieher ist das Vorhandensein eines Titels (Vollstreckungsbescheid, Gerichtsurteil, notarielles Schuldanerkenntnis).
 
Häufig ist der 1. Schritt der Gläubiger, nach erfolgreicher Titulierung den Gerichtsvollzieher mit einem "Hausbesuch" zu beauftragen. Bei vielen Schuldnern löst dies das Bild des gnadenlosen "Vollstreckers" aus, der einem noch die letzte verbliebene Habe wegnimmt und eine leere Wohnung hinterlässt. Dem ist nicht so! Die meisten Gerichtsvollzieher haben durchaus ein gewisses Verständnis für die Situation der Menschen, die sie im Auftrag der Gläubiger aufsuchen müssen.

Unsere Empfehlung: Je offener, freundlicher und kooperativer Sie dem Gerichtsvollzieher entgegentreten, desto positiver ist auch das Verhalten des Gerichtsvollziehers. Der Gerichtsvollzieher ist nur ein "durchführendes Organ".

Durchsuchung der Wohnung

Grundsätzlich steht der Gerichtsvollzieher ohne Vorankündigung vor der Tür. Trifft er niemanden an, hinterlässt er einen Termin, an dem er Sie erneut aufsuchen wird. Ist der Schuldner zum angekündigten Termin nicht da oder verweigert dem Gerichtsvollzieher den Zutritt in die Wohnung, kann auf Antrag des Gläubigers die Zwangsdurchsuchung der Wohnung angeordnet werden. Dann kann diese gewaltsam geöffnet werden und vom Gerichtsvollzieher durchsucht werden. Die erhöhten Kosten, auch für die Öffnung, hat der Schuldner selbst zu tragen. 

Gewähren Sie dem Gerichtsvollzieher Zutritt zu Ihrer Wohnung und versuchen Sie, zum angekündigten Termin anwesend zu sein. Sollte Ihnen dies absolut nicht möglich sein, setzen Sie sich bitte immer mit dem Gerichtsvollzieher direkt in Verbindung, um ggf. eine neue Terminabsprache zu treffen.

Was darf der Gerichtsvollzieher pfänden?

In §811 der Zivilprozessordnung (ZPO) sind die unpfändbaren Gegenstände im Einzelnen aufgelistet. Grundsätzlich verbleibt Ihnen alles, was für eine "bescheidene Lebensführung" notwendig ist. Die normale Wohnungseinrichtung 

  • Schrank, Bett, Stuhl, Tisch
  • Kühlschrank, Waschmaschine, Herd
  • übliche Haushaltsgeräte
  • Bekleidung
  • Radio und ein älteres Farbfernsehgerät
  • Haustiere

können also nicht gepfändet werden.Neuwertige und besonders wertvolle der o.g. Gegenstände können jedoch im Wege einer so genannten "Austauschpfändung" durch einfachere preiswertere Gegenstände ersetzt werden.PKW oder Computer sind nur dann unpfändbar, wenn sie a) nicht besonders wertvoll sind und b) zur Berufsausübung oder aus gesundheitlichen Gründen (z.B. Schwerbehinderung) für den Schuldner unentbehrlich sind. Videokamera, Schmuck o.a. luxuriöse "Gegenstände" müssen häufig dran glauben.

Achtung!!!Kühlschränke, Möbel, Fernseher, Waschmaschinen, andere Haushaltsgeräte, die auf Raten gekauft wurden, können von dem Gläubiger, der das Gerät finanziert hat, durch den Gerichtsvollzieher aus der Wohnung genommen werden, ohne dass hierfür Ersatz geschaffen wird!

Grundsätzlich muss bei einer Pfändung berücksichtigt werden, dass der Erlös die Kosten der Zwangsvollstreckung übersteigt. Eine Pfändungsmaßnahme, die nicht die Aufwendungen und die Kosten des Gerichtsvollziehers und der Versteigerungsmaßnahme deckt, ist nicht rechtens. Der Gerichtsvollzieher wägt also ab, ob der pfändbare Gegenstand den entsprechenden Wert hat. Der Gerichtsvollzieher darf davon ausgehen, dass alle Gegenstände, die er im Haushalt vorfindet, dem Schuldner gehören, auch wenn noch andere Personen (Ehepartner etc.) mit ihm zusammen leben. Es kann jedoch helfen, den Gerichtsvollzieher durch entsprechende Belege (z.B. Kaufvertrag, Quittungen usw.) davon zu überzeugen, dass man nicht der Eigentümer ist.

Der Schuldner kann sich gegen unberechtigte Pfändung eines Gegenstandes mit dem "Rechtsmittel der Erinnerung" an das zuständige Vollstreckungsgericht wenden. Wird hingegen das Eigentum eines Anderen unberechtigt gepfändet, muss der Eigentümer die so genannte "Drittwiderspruchsklage" gegen die Pfändung erheben.

Pfändung und Verwertung der Gegenstände

Der Gerichtsvollzieher pfändet Gegenstände, in dem er sie an sich nimmt (z.B. Geld, Schmuck, Wertpapiere) oder in dem er sie zwar in der Wohnung des Schuldners belässt, sie aber mit dem Pfandsigel, dem so genannten "Kuckuck" versieht. Der Schuldner darf dann nicht mehr über diese Sachen verfügen, sie also z.B. verkaufen, verschenken o.ä. Die gepfändeten Gegenstände werden anschließend öffentlich versteigert.

Muss man auf die Fragen des Gerichtsvollziehers antworten?

Der Gerichtsvollzieher fragt den Schuldner normalerweise nach dem Arbeitgeber, der Bankverbindung und weiterem Vermögen. Darauf muss man nicht antworten! Dies gilt erst recht für die Angehörigen des Schuldners.

Alle Informationen, die Sie ihm liefern, gibt der Gerichtsvollzieher an den Gläubiger weiter. So kann der Gläubiger z.B. den Arbeitgeber eines Schuldners erfahren und wird eine Lohnpfändung in Gang setzen. Überlegen Sie deshalb genau, welche Fragen Sie beantworten! 

Seit dem 01.01.1999 nehmen die Gerichtsvollzieher im Auftrag des Gläubigers die "Eidesstattliche Versicherung", heute "Vermögensauskunft"bezeichnet, in der Wohnung des Schuldners direkt ab. Hier muss der Schuldner alle Fragen beantworten !

Mit dem 1. Besuch des Gerichtsvollziehers ist es nun möglich, dass der Schuldner die "Vermögensauskunft" abgeben muss. Dies kann er verweigern, ihm wird allerdings dann kurzfristig ein Termin genannt, an dem er sie dann abgeben muss, ansonsten kann der Schuldner auf Antrag des Gläubigers in "Beugehaft" genommen werden.

Bei der "Vermögensauskunft" müssen alle Angaben wahrheitsgemäß gemacht und der Arbeitgeber, die Bankverbindung etc. benannt werden. Falsche Angaben sind eine strafbare Handlung! 

Wichtiger Hinweis zum vom Gläubiger beantragten Haftbefehl! 

Der Haftbefehl und die angedrohte Erzwingungshaft (früer auch Beugehaft genannt) beziehwn sich lediglich auf den Tatbestand, wenn die Abgabe der "Vermögensauskunft" verweigert wird. Grundsätzlich kann man wegen Schulden, die nicht aus einer strafbaren Handlung entstanden sind, nicht ins Gefängnis kommen.

Was ist sonst noch zu beachten!

Der Gerichtsvollzieher hat die Möglichkeit, mit dem Einverständnis des Gläubigers Ratenzahlungen zu bewilligen, wenn ersichtlich ist, dass der Schuldner Ratenzahlungen tatsächlich leisten kann und die Schuld innerhalb von 6 Monaten getilgt wird.

Unter dieser Voraussetzung kann auch die Abgabe der "Vermögensauskunft" vermieden werden. Nur unter besonderen Voraussetzungen ist eine weitere Verlängerung der Ratenzahlungen möglich. 

Häufig ist es nicht möglich, die Forderung innerhalb von 6 Monaten zu bezahlen. Von daher sollte der Schuldner nur Ratenzahlungsvereinbarungen treffen, die er auch sicher einhalten kann! 

Weitere Aufgabe des Gerichtsvollziehers ist es, bei stattgegebenen Räumungsklagen die Wohnung zwangsweise zu räumen und Pfändungsweisungsbeschlüsse bezgl. Lohn- und Kontenpfändung und so genannte vorläufige Zahlungsverbote förmlich Schuldnern bzw. Drittschuldnern zu zustellen.

Text: Thomas Seethaler, Heidelberg und Roman Schlag, Aachen
© SKM - Katholischer Verband für soziale Dienste, Fach- und Koordinierungsstelle der verbandlichen Caritas für Sozialberatung für Schuldner, Blumenstr. 20, 50670 Köln. Mit freundlicher Genehmigung.