Anhörung im Finanzausschuss: Banken weiterhin gegen gesetzliche Verankerung des Girokontos für jedermann

26.04.2012

Die Bankenwirtschaft hat sich in einer Anhörung des Finanzausschusses des Bundestages gegen den Vorwurf gewehrt, sie hätten das "Girokonto für jedermann" nicht ausreichend gefördert. Man habe dafür gesorgt, "dass die deutschen Kreditinstitute grundsätzlich jedem Antragsteller, der ein Konto wünscht und bisher über kein solches verfügt, ein Girokonto einrichten", hieß es von Seiten der Deutschen Kreditwirtschaft, der Spitzenorganisation der deutschen Banken- und Sparkassenverbände (früher: Zentraler Kreditausschuss). Die Kreditwirtschaft sprach sich bei der Anhörung weiterhin gegen eine gesetzliche Verankerung eines solchen Girokontos aus, wie sie von den Oppositionsparteien in verschiedenen Anträgen gefordert worden war.
Die Kreditwirtschaft bezweifelte zudem die Richtigkeit der Zahlen aus dem Bericht der Bundesregierung zur Umsetzung der Selbstverpflichtung des Girokontos für jedermann, nach dem es rund 670.000 kontolose Menschen in Deutschland gäbe. Die Behauptungen in dem Regierungsbericht über unzureichende Informationen über Beschwerdeverfahren hielt sie für unbegründet. Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zu Zahlungsanweisungen an kontolose Empfänger seien nicht berücksichtigt worden. Es handele sich demnach um vielleicht 2.500 Personen. "Dieser Wert dürfte viel näher an der tatsächlichen Zahl der von unfreiwilliger Kontolosigkeit betroffenen Bürger liegen als die sonstigen nicht repräsentativen Hochrechnungen, auf die im Bericht abgestellt wird", so die Kreditwirtschaft.
Sowohl die Bundesagentur für Arbeit als auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) sprachen sich für eine gesetzliche Regelung aus. Dies befürwortete auch die Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung und der Verbraucherzentrale Bundesverband "nach 17 Jahren erfolgloser, weil unverbindlicher Selbstverpflichtung der Branche". Es gebe mindestens eine halbe Million Betroffene, vermutlich sogar mehr.
Auch Experten wie Prof. Dr. Hugo Grote (RheinAhrCampus der Fachhochschule Koblenz in Remagen) und Prof. Dr. Wolfhard Kohte (Universität Halle) empfahlen eine Pflicht der Banken, Konten für jedermann einzurichten: "Insofern scheint ein Handeln des Gesetzgebers in Form eines Kontrahierungszwangs aufgrund der Güterabwägung nicht nur verfassungsrechtlich zulässig, sondern auch verfassungsrechtlich geboten," so Prof. Dr. Grote.
Die Unterrichtung der Bundesregierung zum Bericht (BT-Drs. 17/8312), sowie die Anträge der SPD (BT-Drs. 17/8312), der Linken (BT-Drs. 17/8141) sowie der Grünen (BT-Drs. 17/7954) sind auf der Internetseite des Bundestages als pdf-Datei hinterlegt. Auch der aktuelle Antrag der Regierungsfraktionen (BT-Drs. 17/9398) zum "Basiskonto" ist dort zu finden. Die Stellungnahmen der geladenen Sachverständigen finden Sie hier.