Pfändung des Girokontos

02.07.2015

Kuckuck auf dem Konto

 

Hilfe, mein Konto wird gepfändet!

Seit 2012 kann Guthaben auf einem Girokonto vor einer Pfändung nur geschützt werden, indem das Konto in ein Pfändungsschutzkonto (P-Konto) umgewandelt wird.

Grundsätzliches zum P-Konto

Jeder Kontoinhaber hat einen gesetzlichen Anspruch darauf, dass sein bestehendes Girokonto in ein P-Konto umgewandelt wird. Der Kontoinhaber bzw. dessen gesetzlichen Vertreter kann die Umwandlung jederzeit persönlich beantragen. Das Kreditinstitut muss das Konto dann bis spätestens zum Beginn des vierten darauf folgenden Geschäftstages umwandeln, wenn es bereits gepfändet ist. Ein gesetzlicher Anspruch auf die Einrichtung eines neuen P-Kontos besteht allerdings nicht.

Jede Person darf nur ein Konto als P-Konto führen. Um dies sicherzustellen, kann das Kreditinstitut der SCHUFA und anderen Auskunfteien die Führung eines P-Kontos mitteilen. Die Auskunfteien dürfen Kreditinstituten auf Anfrage wegen einer Umwandlung Auskunft erteilen, ob bereits ein P-Konto besteht, diese Daten jedoch nicht zur Bonitätsauskunft oder anderweitig verwenden.

Das P-Konto kann nur als Einzelkonto geführt werden. Ein Gemeinschaftskonto (z.B. von Ehepaaren) muss zuvor in Einzelkonten aufgeteilt werden, damit diese dann umgewandelt werden können. Wenn mit einer Pfändung zu rechnen ist, sollten Gemeinschaftskonten sofort in Einzelkonten aufgeteilt oder als ein Einzelkonto geführt werden, um Probleme bei der Zuordnung von Guthaben nach einer Pfändung zu vermeiden.

Die Umwandlung in ein P-Konto kann vorsorglich oder erst nach einer Pfändung beantragt werden. Wird die Umwandlung in ein P-Konto innerhalb von vier Wochen ab Zustellung der Pfändung an das Kreditinstitut vollzogen, dann gilt der Pfändungsschutz noch rückwirkend.

Automatischer Pfändungsschutz - Grundfreibetrag

Wird das P-Konto gepfändet, so erhält der Kontoinhaber automatischen Pfändungsschutz in Höhe eines Grundfreibetrages von 1.073,88 € ab dem 01.07.2015. Über Guthaben bis zu diesem Betrag kann der Kontoinhaber je Kalendermonat verfügen (z.B. durch Barabhebungen, aber auch durch Überweisungen und Lastschriften). Auf die Art der Einkünfte (Arbeitslohn, Sozialleistung, Steuererstattung usw.) kommt es nicht an; die Pfändungsschutzregelungen zum P-Konto gelten auch für die Einkünfte von Selbstständigen.

Hinweis: Wenn das P-Konto im Soll steht, können Sie zumindest über Sozialleistungen und Kindergeld jeweils innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Gutschrift in voller Höhe verfügen (Verrechnungsschutz). Ihre Kontoführungsgebühr darf das Kreditinstitut allerdings auch beim P-Konto immer verrechnen.
Achtung: Für andere Gutschriften wie Lohn besteht kein Verrechnungsschutz  gegenüber der Bank, wenn das Konto im Minus ist.

Erhöhter Freibetrag

Der automatisch bestehende Grundfreibetrag kann durch Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung erhöht werden, wenn der Kontoinhaber einer oder mehreren Personen aufgrund gesetzlicher Verpflichtung Unterhalt gewährt oder für Dritte (z.B. Lebensgefährtin, Stiefkind) Sozialleistungen entgegennimmt. Dann gelten vom 01.07.2015 bis 30.06.2017 die folgenden erhöhten Freibeträge:

  • 1.478,04 € bei einer Unterhaltspflicht,
  • 1.703,21 € bei zwei Unterhaltspflichten,
  • 1.928,38 € bei drei Unterhaltspflichten,
  • 2.153,55 € bei vier Unterhaltspflichten,
  • 2.378,72 € bei fünf oder mehr Unterhaltspflichten.

Zusätzlich als pfändungsfrei kann bescheinigt werden:

  • Kindergeld und Kinderzuschuss,
  • einmalige Sozialleistungen (z.B. Kosten für Klassenfahrt, Erstausstattung) im zu bescheinigenden Monat der Gutschrift,
  • Sozialleistungen, die den Mehraufwand infolge eines Körperschadens ausgleichen (z.B. die Grundrente und die Schwerstbeschädigtenzulage nach dem Bundesversorgungsgesetz, das Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen als Leistung der gesetzlichen Pflegeversicherung oder das Blindengeld).

Die Bescheinigung über den erhöhten Grundfreibetrag

Das Gesetz sieht vor, dass das Kreditinstitut nur Bescheinigungen bestimmter Stellen oder Personen akzeptieren darf. Dazu gehören: Arbeitgeber, Familienkassen, Sozialleistungsträger, Rechtsanwalt/Steuerberater und anerkannte Schuldnerberatungsstellen.

Hinweis: Den Sparkassen und Banken wird es in vielen Fällen ausreichen, wenn Sie durch geeigente aktuelle Unterlagen nachweisen, wie vielen Personen Sie Unterhalt gewähren bzw. für wie viele Haushaltsmitglieder Sie Sozialleistungen beziehen. Fragen Sie auch nach, ob die Bescheinigung nur für einen begrenzten Zeitraum (z.B. ein Jahr) anerkannt wird!

Hat das Kreditinstitut Zweifel, ob es die vorgelegten Bescheinigungen anerkennen darf, oder stellt vor Ort keine Stelle eine Bescheinigung aus, so wird es den Kontoinhaber an das Vollstreckungsgericht bzw. an die Vollstreckungsstelle des öffentlichen Gläubigers (z.B. Finanzamt, Stadtkasse) – nachfolgend nur als Gericht bezeichnet – verweisen, welche dann über den erhöhten Freibetrag entscheiden muss.

Hinweis: Sie können sich auch an die anerkannte Schuldnerberatungsstelle vor Ort werden. Allerdings können manche Schuldnerberatungsstellen wegen der hohen Nachfrage und mangelnder Finanzierung nur bereits in Beratung befindlichen Klienten Bescheinigungen ausstellen!

Was wird für die Bescheinigung bzw. den Freibetragsbeschluss benötigt?

Zum Nachweis des Anspruchs auf einen dauerhaft und/oder einmalig erhöhten Freibetrag müssen Sie Unterlagen vorgelegen. Hierzu gehören:

  • Nachweise über Unterhaltsverpflichtungen (z.B. Heirats- und Geburtsurkunden) und tatsächlich geleistete Unterhaltszahlungen (z.B. Kontoauszüge oder Quittungen bzw. Meldebescheinigungen oder Ausweise bei Naturalunterhalt für in Haushaltsgemeinschaft lebende Unterhaltsberechtigte),
  • Leistungsbescheide über laufende Sozialleistungen (z.B. ALG I, ALG II, Grundsicherung gem. SGB XII),
  • Nachweis über den Bezug von Kindergeld oder Kinderzuschlag (Kontoauszüge),
  • Leistungsbescheide über einmalige Sozialleistungen (z.B. Schulmittelpauschale, Klassenfahrt, Erstausstattung).

Eine Musterbescheinigung, die von der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung der Verbände (AG SBV) und dem Zentralen Kreditauschuss (ZKA) entwickelt wurde, finden sie auf unseren Seiten hier:   Musterbescheinigung

Individueller Freibetrag nach Pfändungstabelle

Auf dem P-Konto können nur die jeweiligen Sockelbeträge bescheinigt werden, nicht aber die darüber hinausgehenden Beträge nach der Pfändungstabelle. Gehen auf einem gepfändeten P-Konto Arbeitseinkünfte, Lohnersatzleistungen (z.B. Altersrente, Krankengeld, Arbeitslosengeld) oder Einkünfte aus Selbstständigkeit ein, die den jeweiligen (ggf. erhöhten) Grundfreibetrag überschreiten, müssen Sie sich an das Gericht wenden, um die Festsetzung eines abweichenden pfändungsfreien Betrages entsprechend der Pfändungstabelle zu beantragen. Dies können Sie auch tun, wenn Sie gesundheits- oder berufsbedingt (z.B. hohe Pendlerkosten) Mehraufwendungen haben oder Weihnachtsgeld/Urlaubsgeld ausgezahlt wurde.

Sollte Ihr Einkommen monatlich schwanken und bereits beim Arbeitgeber gepfändet sein, weisen Sie das Gericht ggf. auf den Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 10.11.2011, Az. VII ZB 64/10 hin, wonach der Freibetrag auch durch Bezugnahme auf das vom Arbeitgeber monatlich überwiesene pfändungsfreie Arbeitseinkommen festgesetzt werden kann.

Anordnung der Unpfändbarkeit

Auf Antrag kann das Gericht auch anordnen, dass das Konto für die Dauer von bis zu 12 Monaten nicht der Pfändung unterworfen ist, wenn nachgewiesen wird, dass dem Konto in den letzten 6 Monaten vor Antragstellung ganz überwiegend nur unpfändbare Beträge gutgeschrieben wurden, und glaubhaft gemacht wird, dass Gleiches für die folgenden 12 Monate zu erwarten ist. Diese Anordnung gilt auch für weitere Kontopfändungen und muss ggf. rechtzeitig vor Ablauf neu beantragt werden.

Übertrag auf Folgemonat (Rücklage)

Guthaben, das bis zum Ende des Kalendermonats nicht aufgebraucht ist, wird einmalig in den Folgemonat übertragen und steht dann bis zur Höhe des jeweiligen Freibetrages wieder zur Verfügung. Wird im Folgemonat nicht mindestens der Übertrag ausgeben, dann unterliegt der Rest der Pfändung.

Wurde im Vormonat der jeweilige Freibetrag nicht ausgeschöpft und geschütztes Guthaben in den Folgemonat übertragen, so erhöht dieses den Freibetrag des Folgemonats und steht somit zusätzlich zum geschützten Monatsguthaben zur Verfügung. Hierdurch kann Guthaben begrenzt bis zum jeweiligen doppelten Freibetrag angespart werden. Da übertragenes Guthaben gepfändet wird, wenn es im Folgemonat nicht vollständig aufgebraucht wird, sind Ansparungen auf einem gepfändeten P-Konto aber eher nicht empfehlenswert bzw. sogar unmöglich, wenn über Geldeingänge am Monatsende erst im Folgemonat verfügt werden kann.

Was tun bei einmaliger Überschreitung des Freibetrages?

Wenn z.B. durch Urlaubs- oder Weihnachtsgeld der jeweilige Freibetrag in einem Monat geringfügig überschritten wird, können Sie zwar in diesem Monat nicht vollständig über diesen Geldeingang verfügen, das an sich pfändbare Guthaben steht Ihnen aber im Folgemonat wieder zur Verfügung. Es gilt das Prinzip „first-in-first-out“: Verfügungen werden zunächst mit aus dem Vormonat stammendem Guthaben verrechnet und erst dann mit neuen Geldeingängen. Wenn Ihr Freibetrag also ausreicht, um das übertragene Guthaben und zumindest einen Teil der neuen Geldeingänge im Folgemonat zu verbrauchen, kann das Problem auf diese Weise gelöst werden. Ansonsten können Sie ggf. über das Gericht den Freibetrag für diesen Monat heraufsetzen lassen.

Kontoführungsgebühren

Viele Kreditinstitute erhoben höhere Gebühren bei oftmals reduziertem Leistungsumfang für P-Konten. Der Bundesgerichtshofs hat am 13.11.2012, Az. XI ZR 500/11, entschieden:
»Die im Preis- und Leistungsverzeichnis eines Kreditinstituts enthaltene Bestimmung über die Kontoführungsgebühr für ein Pfändungsschutzkonto ist im Verkehr mit Verbrauchern gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, wenn hiernach der Kunde bei Umwandlung seines schon bestehenden Girokontos in ein Pfändungsschutzkonto ein über der für das Girokonto zuvor vereinbarten Kontoführungsgebühr liegendes Entgelt zu zahlen hat oder das Kreditinstitut bei der Neueinrichtung eines Pfändungsschutzkontos ein Entgelt verlangt, das über der Kontoführungsgebühr für ein Neukunden üblicherweise als Gehaltskonto angebotenes Standardkonto mit vergleichbarem Leistungsinhalt liegt.«

P-Konto in der Insolvenz

Mit der Insolvenzeröffnung werden auch Kreditinstitute aufgefordert, nicht mehr an den Kontoinhaber zu leisten, sondern nur noch an den Insolvenzverwalter/Treuhänder. Die meisten Verwalter geben das Konto zwar nach Einsichtnahme frei, einige setzen sich aber nicht dem Haftungsrisiko aus und verlangen die Umwandlung in ein P-Konto. Dies kann dazu führen, dass der Treuhänder über die pfändbaren Beträge vom Arbeitgeber hinaus auch noch die über dem niedrigeren Grundfreibetrag des P-Kontos liegenden Beträge einzieht. In diesem Fall beantragen Sie beim Insolvenzgericht, den Freibetrag durch Bezugnahme auf das vom Arbeitgeber monatlich überwiesene pfändungsfreie Arbeitseinkommen festzusetzen (s.o.).

Weitere Materialien und Arbeitshilfen

Weitere Materialien und Arbeitshilfen zum P-Konto finden sie hier  Materialien und Arbeitshilfen zum P-Konto