Keine Entscheidung über pfändungsfreien Betrag durch Insolvenzgericht

05.05.2000

AG Köln, Beschl. v. 5.5.2000, 71 IK 4/99

Leitsätze:

  1. das insogericht ist für eine beschlußfassung über den pfändungsfreien betrag nicht zuständig. wenn das insogericht zuständig sein sollte, würde das sicherlich im gesetz stehen.
  2. somit bleibt die zuständigkeit allein beim treuhänder.
  3. der klient wird somit weiterhin behandelt, als wenn seine frau mit lediglich DM 1250,- einkommen sich selbst unterhalten könnte.

AG Köln 71 IK 4/99

In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des ............................etc. 
wird der Antrag des Schuldners und Schuldner-Vertreters vom 8.2., 15.2, und 03.05.2000 auf Erlass einer gerichtlichen Entscheidung, dass das Insolvenzgericht den Treuhänder anweist, dem Schuldner einen entsprechenden pfändungsfreibetrag gem § 850c ZPO unter Berücksichtigung der vollen Unterhaltspflicht für 3 Pesonen, nämlich 2 Kinder und seine Ehefrau rückwirkend vom Beginn des Insolvenzverfahrens an zu belassen als unzulässig zurückgewiesen.
Gründe:
Auf Antrag des Schuldners vom 11.1.1999 , der durch den Verfahrensbevollmächtigten des Schuldners am 26.1.99 eingereicht wurde, ist am 1.6.99 das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet worden. Die Insolvenzmasse umfasst nach §§ Abs. 1, 35 InsO das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Insolvenzeröffnung gehört und das er während der Dauer des Verfahrens erlangt.
Gegenstände, nicht nur körperliche Gegenstände, sondersn das gesamte Vermögen, das nicht der Zwangsvollstreckung unterliegt, gehören nicht zur Insolvenzmasse §§ 304, Abs. 1 InsO. Daher haben dem Schuldner gem. § 4 InsO, 850 ff ZPO auch die Pfändungsfreibeträge zu verbleiben. 
Die Pfändungsgrenzen bei Arbeitseinkommen ergeben sich aus §§ 4 InsO i.V. mit 850 c ZPO. Sie sind entsprechend höher, je mehr Personen der Schuldner unterhaltspflichtig ist.
Im vorliegenden Fall bestehen zwischen dem Treuhänder un ddem Schuldner Differenzen, wieviele Personen bei der Unterhaltspflicht des Schuldners zu berücksichtigen sind, da die Ehefrau des Schuldners untreitig über eigenes Einkommen in Höhe von ca. 1.250,- verfügt.
Es mag dahinstehen, ob die Ehefrau des Schuldners bei der Berechnung des dem Schuldner zu belassenden Betrages zu berücksichtigen ist oder nicht. für die Entscheidung über diesen Antrag ist funktionell nicht das Insolvenzgericht zuständig. Dies wurde dem Verfahrensbevollmächtigten des Schulndeners auch bereits mit Verfügung vom 17.3.2000 mitgeteilt.
Es ist nicht Aufgabe des Insolvenzgerichtes, den pfändbaren Teil des Arbeitseinkommens des Schuldners zu ermitteln bzw. die Zahl seiner unterhaltspflichtigen Personen. Diese Feststellungen hat allein und ausschließlich der Treuhänder zu treffen ( siehe auch Vallender in InVo 11/99, S. 308) 
Die Zuständigkeit des Insolvenzgerichtes ist aus keiner gesetzlichen Vorschrift herzuleiten.
Das Gericht stimmt der Auffassung von Steder in Zip 1999 S. 1874 zu, daß ein Reglungsbedarf in dieser Hinsicht besteht. Es kann jedoch allein aufgrund einer sog. Sachnähe , ein Begriff, den das Gesetz so nicht kennt, eine an sich wünschenswerte Regelung, nicht von sich aus, d.h. ohne gesetzliche Regelung treffen.
Hätte der Gesetzgeber in derartigen Fällen eine Zuständigkeit des Insolvenzgerichtes für derartige Entscheidungen gewollt, so hätte dies gesetzlich geregelt werden müssen.
In anderen Fällen regelt die Insolvenzordnung auch die Zuständigkeit des Insolvenzgerichtes für vollstreckungsrechtliche Entscheidungen wie beispielsweise §§ 89 Abs. 3, 148 Abs. 2 S. 2 InsO.
In allen anderen Fällen sind andere Entscheidungsträger kraft gesetzlicher Bestimmung, wie beispielsweise das Vollstreckungsgericht in den Fällen des § 30 d ZVG, zur Entscheidung berufen.
Im vorgenannten Fall mag möglicherweise das Vollstreckungsgericht für die Entscheidung zuständig sein ( 850 c Abs. 4 ZpO. ). Da jedoch keine Einzelzwangsvollstreckung vorliegt mag dies zweifelhaft sein. Eventuell ist auch der ordentliche Rechtsweg offen, um im Wege der Klage gegen den Treuhänder die Berücksichtigung der Ehefrau bei der Ermittlung des dem Schuldner zu verbleibenden Einkommens zu erreichen. einen Rechtsbehelf gegen die Entscheidungen des Treuhänders sieht das Gesetz ausdrücklich nicht vor. Daher kommt auch keine Beschwerde in Betracht. (Entsprechend § 6 Abs. 1 InsO)
Ebensowenig kann eine Zuständigkeit des Insolvenzgerichtes über §§ 313 Abs. 1 S 3, 58 InsO begründet werden, da diese Vorschrift im wesentlichen nur Aufsichts- und Informationspflichten des Treuhänders gegenüber dem Insolvenzgericht beinhaltet. Über diese Vorschrift können jedenfalls materiellrechtlichen Fragen, wie die in Rede stehende, durch das Insolvenzgericht nicht geklärt werden.
Der gangbare Weg, durch Beschluß der Gläubigerversammlung gem. §§ 304, 100 InsO dem Schuldner einen höheren Pfändungsfreibetrag als den vom Treuhänder belassenen zukommen zu lassen, ist gescheitert. In der zu diesem Zwecke auf den 3.5.2000 einberufenen Gläubigerversammlung war kein Gläubiger anwesend und es konnte deshalb auch kein entsprechender Beschluß gefaßt werden.
Demgemäß war wie geschehen, zu entscheiden.
Köln den 05.05.2000
Beitrag von: Heiko Neumann