Auf Eigenantrag eröffnetes Insolvenzverfahren kann nicht zurückgenommen werden

10.05.2001

LG Düsseldorf, Beschluß vom 10. 5. 2001 - 25 T 285/01

Leitsätze des Kommentators:

  1. Wurde das Insolvenzverfahren auf Antrag des Schuldners eröffnet, hat er gegen die antragsgemäß erfolgte Eröffnung kein Beschwerderecht.
  2. Auch wenn sich der Schuldner bei Antragstellung im Irrtum über die Höhe des pfändbaren Teils seines Einkommens befand, ist nach Eröffnung des Verfahrens eine Rücknahme grundsätzlich nicht mehr möglich.

LG Düsseldorf, Beschluß vom 10. 5. 2001 - 25 T 285 / 01

Zum Sachverhalt:

Der Schuldner beantragte mit einem am 4.12.2000 bei Gericht eingegangenen Schreiben die Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemäss § 305 InsO und stellte gleichzeitig Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung gemäss § 287 InsO. Er legte eine Bescheinigung über den außergerichtlichen Einigungsversuch gemäss § 305 I Nr. 1 InsO vom 13.11.2000 bei und reichte neben den weiter erforderlichen Unterlagen nach § 305 I InsO auch einen Schuldenbereinigungsplan zu den Akten. Dieser wurde den Gläubigern zugestellt. Diesem Plan wurde von zwei Gläubigern, die über die Forderungsmehrheit verfügten, widersprochen. Mit Verfügung vom 8.2.2001 hat das AG dem Schuldner die Tatsache des Widerspruchs mitgeteilt und ihm Gelegenheit gegeben, innerhalb eines Monats ab Zugang des Schreibens den Plan zu ändern oder zu ergänzen. Das Schreiben wurde dem Schuldner am 16.2.2001 zugestellt. Da der Schuldner keine Änderung einreichte, hat das AG mit dem angefochtenen Beschluss vom 20.3.2001 wegen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet und gemäss § 313 InsO Herrn P. zum Treuhänder ernannt. Der Beschluss wurde dem Schuldner am 24.3.2001 zugestellt. Am 4.4.2001 erklärte der Schuldner, den Insolvenzantrag zurücknehmen zu wollen. Gleichzeitig legte er gegen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens sofortige Beschwerde ein. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen:

Die Beschwerde ist unzulässig. Zwar sieht § 34 II InsO grundsätzlich das Beschwerderecht des Schuldners gegen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor, die Beschwerde setzt aber wie in jedem Fall der Beschwerde eine Beschwer voraus. An dieser fehlt es, wenn die Entscheidung auf Antrag des Beschwerdeführers hin ergangen ist. In einem solchen Fall kann der Schuldner durch die Eröffnung des Verfahrens nicht beschwert sein. Dies entspricht herrschender Rechtauffassung. So haben sowohl das OLG Celle (NZI 1999, 493 = ZIP 1999, 1605) als auch das OLG Stuttgart (NJW-RR 2000, 199 = NZI 1999, 491) bestätigt, dass dem Schuldner bei Eigenantrag kein Beschwerderecht gegen den Eröffnungsbeschluss zustehe. Soweit das OLG Koblenz (ZIP 1989, 1070) das Beschwerderecht des Schuldners bei Eigenantrag dann bejaht hat, wenn die Zahlungs-unfähigkeit nachträglich weggefallen ist und der Schuldner trotzdem im Hinblick auf die Eröffnung des Verfahrens seinen Eigenantrag nicht mehr zurücknehmen könne, liegt ein vergleichbarer Fall nicht vor. Zum einen ist die Zahlungsfähigkeit des Schuldners nicht wieder eingetreten, sondern der Schuldner beabsichtigt nur, wieder in das vorgerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren durch Rücknahme seines Antrags und Aufstellen eines neuen Plans zu gelangen. Der Gesetzgeber hat aber in Kenntnis der bereits unter der KO bestehenden Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Beschwerdeberechtigung des selbst beantragenden Schuldners in die InsO keine Klarstellung aufgenommen, dass die Beschwerde auch gegen eine dem Antrag stattgebende Entscheidung eingelegt werden könne. Vielmehr hat der Gesetzgeber in Kenntnis des Meinungsstands in § 13 II InsO geregelt, dass der Antrag nur zurückgenommen werden kann, bis das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Antrag rechtskräftig abgewiesen worden ist. Für die Fälle des nachträglichen Wegfalls des Eröffnungsgrundes hat dagegen der Gesetzgeber lediglich die Einstellung des Verfahrens gemäss § 212 InsO vorgesehen. Daraus folgt, dass nach Eröffnung des Verfahrens die Voraussetzungen zu dessen Durchführung nicht mehr der Disposition des Antragstellers unterliegen, er deshalb weder seinen Antrag zurücknehmen kann noch gegen die antragsgemäß ergangene Entscheidung Beschwerde einlegen kann.

Auch die Tatsache, dass der Schuldner sich bei Stellung des Antrags in einem Irrtum befunden hat über die Höhe des pfändbaren Teils seines Einkommens, ändert daran nichts. Dieser Irrtum mag zwar ausschlaggebend dafür gewesen sein, dass der Schuldner den Gläubigern einen falschen Schuldenbereinigungsplan in Aussicht gestellt hat; als Prozesshandlung unterliegt jedoch der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht der Anfechtung wegen Willensmängeln ( vgl. Breutigam/Blersch/Goetsch, InsO, § 13 Rdnr. 4 ). Vielmehr ist derSchuldner an seinen Antrag gebunden. Die antragsgemäß ergangene Entscheidung ist mangels formeller Beschwer für den Schuldner nicht anfechtbar.

Fundstelle: NZI 2002, 60 - 61

Ebenso: LG Potsdam, DZWir 2001, 393

Kommentar:

Dass der Schuldner in diesem Fall sich in einem grundsätzlichen Irrtum bezüglich der Höhe des pfändbaren Teiles seines Einkommens befand, ist schwer nachvollziehbar und zeigt, wie wichtig eine eingehende Beratung vor Antragstellung ist.

Davon abgesehen weist aber diese Entscheidung auf eine grundsätzliche Gefahr hin, die in jedem Insolvenzantrag eines Schuldners steckt, denn ein Insolvenzantrag ist kein Kinderspiel ! Ein eröffnetes Insolvenzverfahren führt zwingend zu einer Verwertung des pfändbaren Vermögens des Schuldners sowie zur Einziehung des pfändbaren Teiles seines Einkommens.

§ 13 InsO bietet nur vor der Eröffnung die Möglichkeit, den Antrag zurückzunehmen, etwa wenn das gerichtliche Schuldenbereinigungsplanverfahren wider Erwarten gescheitert ist und der Schuldner die Eröffnung des Verfahrens doch nicht wünscht. Dann muss er, wie im obigen Fall eben nicht geschehen, unverzüglich nach dem Scheitern dem Gericht gegenüber die Rücknahme des Antrages nach § 13 II InsO erklären. Weitere Voraussetzung ist allerdings, dass kein Gläubigerantrag vorliegt. Sollte dies der Fall sein, muss auch der Gläubiger der Rücknahme zustimmen.

Die Einstellung des Verfahrens nach § 212 InsO setzt voraus, dass der Schuldner ( etwa durch eine unerwartet angefallene Erbschaft ) sämtliche Forderungen bezahlen kann. Dies dürfte in der Praxis eher selten der Fall sein.

Aus einem einmal eröffneten Insolvenzverfahren kommt der Schuldner also nur nach Verwertung seines pfändbaren Vermögens ( ggf. vereinfachte Verteilung nach § 314 InsO ) und Absolvierung des Schlusstermins mit anschliessender Aufhebung nach § 200 InsO wieder heraus. Den rechtlichen Folgen der Eröffnung wie z.B. das Erlöschen aller Rechte aus Lohnabtretungen 2 Jahre nach Verfahrenseröffnung u.s.w. kann sich der Schuldner grundsätzlich nicht entziehen.

Michael Schütz

20.1.2002