Zulässige Beteiligung eines Inkassounternehmens als Vertreter einer Gläubigerin im gerichtlichen Schuldenbereinigungsplanverfahren

01.02.2000

OLG Köln, Beschluss vom 01.12.2000 - 2 W 202 / 00 (rechtskräftig)

  1. Im Schuldenbereinigungsplanverfahren kann die Zustellung des Schulden-bereinigungsplans nebst der in § 307 Abs. 1 Satz 1 InsO bezeichneten Unterlagen wirksam an ein Inkassounternehmen erfolgen, wenn der Schuldner das Inkassounternehmen benannt hat.
  2. Ein anwaltlich vertretenes Inkassounternehmen kann im gerichtlichen Schulden-bereinigungsplanverfahren wirksam eine Stellungnahme zu den übersandten Unterlagen abgeben.
  3. Im Rahmen der gerichtlichen Zustimmungsersetzung wird bei der Bestimmung der Kopfmehrheiten ein Gläubiger mit mehreren noch so vielen und noch so großen Forderungen nur mit einer Stimme berücksichtigt. Demgegenüber hat ein Vertreter mehrerer Gläubiger so viele Stimmen, als er Gläubiger vertritt. Er kann für die einzelnen Vertretenen verschiedenartig abstimmen, während ein Gläubiger mit mehreren Forderungen einheitlich mit einer Stimme abstimmen muss.
  4. Wird ein Inkassounternehmen auf Grund mehrerer Inkassovollmachten oder Einziehungsermächtigungen tätig, so stehen ihm so viele Stimmen zu, wie es in dem gerichtlichen Schuldenbereinigungsplanverfahren unterschiedliche Gläubiger wirksam vertritt. Erfolgt die Einziehung verschiedener Forderungen durch das Inkasso-unternehmen auf Grund Inkassozessionen oder Forderungskäufen, so ist das Unternehmen bei der Berechnung der Kopfmehrheit nur mit einer Stimme zu berücksichtigen.
  5. Ein Gläubiger hat es nicht in der Hand, sich den Wirkungen der §§ 307 ff. InsO durch einen Verzicht auf die Teilnahme an dem gerichtlichen Schuldenbereinigungs-planverfahren zu entziehen.
  6. Beschwerdeentscheidungen des Landgerichts in Insolvenzsachen sind förmlich zuzustellen.

OLG Köln, Beschluss vom 01.12.2000 - 2 W 202 / 00 ( rechtskräftig )

Vorinstanz: LG Bonn Fundstelle: ZIP 2000, 2312 - 2315

Kommentar:

Die Frage der Beteiligung von Inkassounternehmen am gerichtlichen Schuldenbereinigungs-planverfahren wurde bisher in der Literatur so beantwortet, dass eine Teilnahme von Inkassounternehmen als Gläubigervertreter in einem gerichtlichen Verfahren nicht möglich sei. Diese Ansicht stützte sich darauf, dass den Inkassounternehmen ausdrücklich nur die außergerichtliche Forderungseintreibung erlaubt ist.

Viele praktische Gründe in Verbraucherinsolvenzverfahren sprechen jedoch für eine Einbeziehung von Inkassounternehmen. Vielfach werden die notleidenden Forderungen seit Jahren von einem bestimmten Inkassounternehmen betreut und Sachverstand zur Beurteilung der schuldrechtlichen Probleme kann einem Inkassounternehmen sicherlich nicht abgesprochen werden. Außerdem ist es für den Schuldner ein nicht zu unterschätzender Arbeitsaufwand, die ladungsfähigen aktuellen Anschriften der Gläubiger herauszufinden. Vielfach haben sich die Unternehmen umbenannt oder sie existieren überhaupt nicht mehr. Das OLG Frankfurt / Main will es allen Ernstes dem Schuldner zumuten, bei einem nicht mehr existenten Unternehmen ( dessen Forderungen deshalb rechtlich dennoch weiter wirksam sind ) auf seine Kosten einen Nachtragsliquidator einzusetzen, der dann den schriftlichen Schuldenbereinigungsplan in Empfang nehmen darf ( Beschluss vom 1.8.2000 - 26 W 71 / 00; NZI 2000, 536 - 537 ).

Vor diesem Hintergrund ist die Entscheidung des OLG Köln vom 1.12.2000 sehr viel praxisnäher. Der Schuldner kann danach die ausgearbeiteten Schuldenbereinigungspläne an die jeweiligen Inkassounternehmen wirksam zustellen lassen. Für die Stellungnahme zu dem Plan muss sich das Inkassobüro allerdings eines Anwaltes bedienen. Dies wird in der Praxis keinen Schwierigkeiten begegnen, da die meisten Inkassobüros ohnehin über Anwälte verfügen, die regelmäßig für sie tätig werden.

Zu beachten ist, dass dieser Beschluss nur auf diejenigen Fälle zutrifft, in denen das Inkassounternehmen als Gläubigervertreter auftritt. In denjenigen Fällen, in denen das Inkassounternehmen die Forderung des früheren Gläubigers durch Forderungskauf oder Abtretung selber erworben hat, also Forderungsinhaber ist, kann das Inkassounternehmen selbstverständlich ohne anwaltlichen Beistand auftreten so wie jeder andere Gläubiger auch.

Des weiteren hat das OLG Köln entschieden, dass sich ein Gläubiger den Wirkungen eines Verbraucherinsolvenzverfahren nicht dadurch entziehen kann, dass er dem Gericht mitteilt, er verzichte auf die Teilnahme an dem gerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren. Dies würde in der Praxis nämlich bedeuten, dass der Schuldner seinen kompletten Plan ohne die Berücksichtigung dieses Gläubigers neu ausarbeiten müsste und sämtliche Pläne neu verschickt werden müssten.

Insgesamt betrachtet ist dem OLG Köln mit diesem Beschluss eine praxisgerechte Lösung für die genannten Probleme im Verbraucherinsolvenzverfahren gelungen. Es ist zu hoffen, dass diese gefundenen Lösungen des OLG Köln für gravierende praktische Probleme des Verbraucherinsolvenzverfahrens auch auf der Ebene der Insolvenzgerichte umgesetzt werden, was leider gerade im Bereich des OLG Köln nicht mehr selbstverständlich ist.

Michael Schütz