Vollstreckungsschutz für den Zeitraum des außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens

04.02.2000

Amtsgericht Elmshorn - Vollstreckungsgericht, Beschluss vom 04.02.2000, 60 M 1961/98 (nicht rechtskräftig)

Für die Dauer des außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahrens als Vorstufe zum Verbraucherinsolvenzverfahren kann dem Schuldner gemäss § 765 a ZPO Vollstreckungsschutz gewährt werden.

Zum Sachverhalt:

Der Schuldner beantragte im Termin im Wege des Widerspruchs die einstweilige Einstellung des Verfahrens gem. § 765 a ZPO für die Dauer von drei Monaten. Zur Begründung trug er u.a. vor, dass er derzeit um eine außergerichtliche Einigung mit sämtlichen Gläubigern bemüht sei. Der Gläubigerseite wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Diese beantragte, den Widerspruch zurückzuweisen. Das Amtsgericht hat das Verfahren einstweilen eingestellt.

Aus den Gründen:

Der Antrag gem. § 765 a ZPO im Wege des Widerspruches ist zulässig. Gem. § 765 a ZPO kann das Gericht eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme ganz oder teilweise aufheben, untersagen oder einstweilen einstellen, wenn diese Maßnahme unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des Gläubigers wegen ganz besonderer Umstände eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist.

Der Schuldner ist derzeit dabei, das außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren zu betreiben. Erst nach Scheitern des Versuchs der außergerichtlichen Einigung kann der Schuldner Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen. Bis zur Antragstellung ist der Schuldner dem Zugriff seiner Gläubiger im Wege der Einzelzwangsvollstreckung ausgeliefert. Hierdurch besteht die Gefahr der weiteren Verringerung des Schuldner-vermögens, welches zur Folge haben könnte, dass es für den Fall des Scheiterns des außergerichtlichen und gerichtlichen Einigungsversuchs mangels Masse zu einer Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr kommen kann. Wird das Insolvenzverfahren nicht eröffnet, kann der Schuldner keine Restschuldbefreiung erlangen, was für den Schuldner eine Härte bedeuten würde.

Die Schutzbedürfnisse des Gläubigers sind ausreichend gewürdigt. Der Gläubiger hat von seiner Forderung in Höhe von ca. DM 4.100,00 bereits DM 3.500,00 erhalten. Der Gläubiger ist keine Privatperson, deren Existenz von der Zahlung des Restbetrages in Höhe von DM 600,00 abhängig ist.

Aus obigen Gründen war daher dem Schuldnerantrag zu entsprechen.

Amtsgericht Elmshorn - Vollstreckungsgericht, Beschluss vom 04.02.2000 60 M 1961 / 98 ( nicht rechtskräftig )

Fundstelle: NZI 2000, 329

Kommentar:

Dieser leider nicht rechtskräftig gewordene Beschluss des AG Elmshorn nimmt die beabsichtigte gesetzliche Neuregelung im Referentenentwurf eines 7. Gesetzes zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen vom 30.11.1999 auf, nach dem die Einführung eines 3-monatigen Vollstreckungsschutzes im Rahmen des § 765 a ZPO beim aussergerichtlichen Einigungsversuch vorgesehen ist. Die parlamentarische Umsetzung ist bis heute nicht erfolgt.

Mit der Frage eines möglichen Vollstreckungsschutzes für die Dauer des außergerichtlichen Einigungsversuchs hat sich auch die Bund Länder Arbeitsgruppe befasst. Sie kommt in ihrem Bericht zu dem Ergebnis, dass ein entsprechend geänderter § 765 a ZPO die Vollstreckungsgerichte zu sehr belasten würde und schlägt stattdessen vor, die Rückschlagsperre nach § 88 InsO von 1 auf 3 Monate auszudehnen.

Beide Wege sind aus meiner Sicht gangbar, es ist nur zu hoffen, dass einer dieser Wege baldmöglichst Gesetz wird und damit auch das von den Gläubigern beklagte Informationsdefizit beim aussergerichtlichen Einigungsversuch überwunden werden kann. Bisher muss der Schuldner fürchten, z.B. bei Übersendung einer Kopie seiner Lohnabrechnung an den Gläubiger umgehend mit einer ( weiteren ) Lohn- oder Kontenpfändung konfrontiert zu sein. Deshalb kann diesem häufigen Gläubigeranliegen bisher auf Grund mangelnden Vollstreckungsschutzes in der Phase der aussergerichtlichen Einigung nicht entsprochen werden.

Michael Schütz