Lohnpfändung und Lohnabtretung

02.07.2012

Die Lohntüte hat ein Loch

Die Lohn- und Gehaltspfändung bzw. die Offenlegung einer Lohnabtretung empfinden viele Schuldner als höchst peinlich und bedrohlich. Immerhin erfährt nun der Arbeitgeber und die Kollegen aus der Lohnbuchhaltung von der prekären finanziellen Situation. Abgesehen von den Ängsten um den Arbeitsplatz fragen sich viele, warum sie überhaupt noch arbeiten gehen sollen, wenn vom Lohn doch nichts mehr übrig bleibt.

Kündigung wegen einer Pfändung?

Allein mit der Begründung, der Lohn werde gepfändet, kann ein Arbeitsverhältnis nicht gekündigt werden. Dies gilt nur für Arbeitnehmer in besonderen Stellungen (z.B. Kassierer(in), Prokuristen, Träger von Betriebsgeheimnissen).
Allerdings kann jedem Arbeitnehmer in der Probezeit ohne Begründung gekündigt werden und auch ein befristetes Arbeitsverhältnis muß nicht gekündigt werden. Kommen zur Pfändung noch schwerwiegende verhaltensbedingte oder betriebsbedingte Kündigungen hinzu, kann auch ein nicht befristetes Arbeitsverhältnis durch die Lohnpfändung gefährdet sein. Man sollte deshalb es möglichst nicht zu einer Pfändung kommen lassen und sich rechtzeitig bei einer Schuldnerberatungsstelle oder beim Betriebsrat Rat holen.

Reihenfolge bei Pfändungen und Abtretungen

Für die Reihenfolge gilt, das Pfändungen in der Reihenfolge des Eingangs beim Arbeitgeber (dem sog. Drittschuldner) berücksichtigt werden. Derjenige Gläubiger, der die erste Pfändung einreicht, erhält den gesamten pfändbaren Betrag.
Anders sieht es bei Lohnabtretungen aus: Hier entscheidet das Datum der Ausstellung der Abtretung. Deshalb ist es durchaus möglich, dass eine ältere Abtretung Vorrang vor allen bereits eingegangenen oder noch eingehenden Pfändungen erhalten kann.

Höhe der Lohnpfändung

Eine Lohnpfändung oder die Einbehaltung auf eine Lohnabtretung sollte auch nicht einfach hingenommen werden, sondern geprüft werden. Die Erfahrung aus der Praxis zeigt, dass viele Arbeitgeber den pfändbaren Betrag zu Ungunsten des Schuldners fehlerhaft berechnen. Ebenso sind Lohnabtretungen, die vor September 1982 abgeben wurden, aus formalen Gründen oft unwirksam.
Ausgangspunkt der Pfändung ist der Nettolohn. Vom Bruttolohn werden zunächst Steuern, Sozialversicherungsabgaben und auch die vermögenswirksamen Leistungen des Arbeitgebers abgezogen. Die Höhe der Pfändung richtet sich nach der Lohnhöhe und der Anzahl der Angehörigen, an die Unterhalt zu zahlen ist und auch tatsächlich gezahlt wird !.Dazu gehören natürlich auch Angehörige und Unterhaltsberechtigte , die nicht im eigenen Haushalt leben ( z.B. der Ex-Ehepartner und eheliche Kinder die bei ihm/ihr leben, nichteheliche Kinder).
Achtung: Es ist sehr wichtig, alle unterhaltsberechtigten Kinder auf der Lohnsteuerkarte eintragen zu lassen, damit der Arbeitgeber sie bei der Berechnung der Pfändung berücksichtigt.

Pfändungstabelle und Online-Pfändungsrechner

 

Kosten der Lohnpfändung

Die Kosten, die dem Arbeitgeber durch die Bedienung der Lohnpfändung entstehen, sind von diesem selbst zu tragen. Arbeitgeber selbst zu tragen. Der Arbeitgeber hat keinen gesetzlichen Erstattungsanspruch gegen den Arbeitnehmer. Er kann auch keinen Anspruch aus einer freiwilligen Betriebsvereinbarung begründen. BAG, Urteil vom 18. 7. 2006 - 1 AZR 578/ 05 . Etwaige Ansinnen des Arbeitgeber sind weder aus dem BGB, noch aus der ZPO herzuleiten. Etwaige Bestimmungen in einer Betriebsvereinbarung sind unzulässig.
Pfändbarkeit von Weihnachtsgeld, Überstundenvergütung usw.
Auch Zuschläge, Weihnachtsgeld und bestimmte Zulagen sind ganz oder teilweise pfändbar. Im einzelnen:

  • Einkommen aus Überstunden ist zur Hälfte pfändbar
  • Urlaubsgeld ist unpfändbar
  • Aufwandsentschädigungen, Auslösungsgelder und soziale Zulagen für auswärtige Beschäftigung sind unpfändbar
  • Gefahrenzulagen, Schmutz- und Erschwerniszulagen sind unpfändbar
  • Weihnachtsgeld ist bis auf einen Betrag von 500 Euro pfändbar
  • Heirats- und Geburtsbeihilfen sind ebenso unpfändbar wie Erziehungsgelder, Studienbeihilfen, Sterbe- und Gnadenbezüge und Blindenzulagen

Achtung: Zuschläge für Schichtarbeit, Arbeit an Sonn- und Feiertagen sind voll pfändbar. Ebenso ist der geldwerte Vorteil für die Möglichkeit der privaten Nutzung eines Dienstautos in voller Höhe pfändbar. Dies gilt übrigens auch für Essenzuschüsse. In diesem Bereich werden bei der Ermittlung die meisten Fehler begangen, eine Nachprüfung durch einen Fachkundigen ist deshalb immer ratsam!

Änderung Pfändungsgrenzen

In bestimmten Fällen ist eine Änderung der normalen Pfändungsgrenzen möglich. Änderungen müssen zuvor jedoch beantragt werden. Über die Änderung entscheidet dann das Vollstreckungsgericht.

Anhebung der Pfändungsgrenze

Das Vollstreckungsgericht kann auf Antrag den pfändbaren Lohnanteil verringern und somit die Pfändungsfreigrenze erhöhen. Dies ist zum einen möglich, wenn der Betroffene durch die Pfändung sozialhilfebedürtig wird oder aus persönlichen Gründen, zum Beispiel bei besonderen beruflichen Werbungskosten oder bei Krankheitskosten.

Zur Anhebung ist es nötig, dass sie dem Antrag eine Bescheinigung des zuständigen Sozialamtes über Ihren Sozialhilfebedarf beifügen. Wer durch Krankheit erhöhte Ausgaben für Ernährung, Bekleidung oder andere Dinge hat, sollte Rechnungsbelege sammeln und die Erhöhung beim Vollstreckungsgericht beantragen. Die Schuldnerberatung hilft bei diesem Antrag.

Gehalt oder Lohn von Unterhaltspflichtigen

Auch wenn der Ehepartner oder andere Unterhaltspflichtige eigenes Einkommen haben, darf der Arbeitgeber dies nicht von sich aus berücksichtigen! Erst auf Antrag eines Gläubigers beim Vollstreckungsgericht wird entschieden ob und in welchem Umfang dieses Einkommen bei der Pfändung berücksichtigt wird. Achtung: vermeiden Sie deshalb, dass Gläubiger Informationen über Einkommen Ihrer Unterhaltsberechtigten erhalten!

Pfändung bei Unterhaltsschulden

Weit verbreitet ist die Auffassung, dass Unterhaltsforderungen von Kindern oder ehemaligen Ehepartner Vorrang vor anderen Forderungen haben. Dies stimmt nicht! Auch hier gilt zunächst das Sprichwort: "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst." Allerdings gilt für solche Unterhaltsforderungen die Pfändungstabelle nicht! Auf Antrag des Unterhaltsgläubigers ( also z.B. des Kindes, der Ex-Frau) legt das Vollstreckungsgericht fest, was dem Schuldner als Lebensunterhalt verbleibt. Das darüber hinausgehende Einkommen bis zur Pfändungsgrenze nach der Tabelle ist nur für den Unterhaltsgläubiger pfändbar.

Pfändungen bei mehreren Arbeitseinkommen

Hat ein Arbeitnehmer mehrere Arbeitseinkommen, so werden diese auf Antrag eines Gläubigers zusammengerechnet. Der Pfändungsbetrag wird dann dementsprechend aus dem höheren Betrag errechnet.

Lohnabtretung

Praktisch alle Kreditverträge enthalten eine Lohnabtretung als Sicherungsmittel. Diese Abtretung berechtigt die Bank, vom Arbeitgeber des Schuldners den pfändbaren Lohnanteil einzuziehen, wenn der Schuldner nicht mehr zahlen kann. Der Gläubiger braucht also den Lohn nicht gerichtlich pfänden zu lassen. Die Abtretung wird nach Erfüllung der Vertragsklauseln (in der Regel Rückstände in Höhe von zwei monatlichen Kreditraten) bei Arbeitgeber offengelegt. Die Ermittlung des Pfändungsbetrages erfolgt nach der Pfändungstabelle.
Achtung: Trotz einer nicht ganz eindeutigen Rechtslage sollte man, auch bei einer Lohnabtretung die Erhöhung der Pfändungsgrenze beantragen, wenn die aufgeführten Gründe vorliegen. Denn es haben eine Reihe von Gerichten inzwischen auf Antrag die Erhöhung der Pfändungsgrenze auch bei einer Lohnabtretung vorgenommen.

Die Anerkennung von Lohnabtretungen kann durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder durch Arbeitsvertrag ausgeschlossen sein. Der Arbeitgeber darf nach der Offenlegung in solchen Fällen kein Geld an den Gläubiger abführen.

Achtung: Es ist allerdings umstritten, ob ein Lohnabtretungsausschluss mit dem Arbeitgeber auch noch nach der Offenlegung einer Abtretung erfolgen kann, deshalb sollte der Ausschluss möglichst frühzeitig erfolgen!

Rechtsprechung zur Lohnpfändung

Gesetzliche Vorschriften zur Lohnpfändung