Unterhaltsschulden

01.01.2012

Immer ein besonders unerquickliches Kapitel: Der Unterhalt

Unterhaltsschulden sind ein besonders unerquickliches Kapitel, besonders, wenn sie nach einer Scheidung entstehen. Dann ist für beide Partner das Geld eigentlich nicht ausreichend, Steuervergünstigungen fallen weg, im öffentlichen Dienst auch der Ortszuschlag. D.h., mit einem geringeren Verdienst müssen größere Ausgaben (2 Wohnungen) bestritten werden.

Was tun, wenn man den Unterhalt nicht zahlen kann ?

Wenn Sie Unterhalt nicht zahlen können, weil Ihr Einkommen zu gering ist ( etwa wenn Sie nur Sozialhilfe beziehen oder arbeitslos geworden sind), sollten Sie den Unterhaltstitel (Scheidungsurteil, Vaterschaftsurkunde) anpassen lassen. Dadurch vermeiden Sie das weitere Auflaufen von Unterhaltsschulden. Denn: "Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren" (§ 1603 BGB).
Wie hoch der angemessene Unterhalt ist, ist im Gesetz nicht festgelegt, sondern erfolgt im Einzelfall. Ein Anhaltspunkt für die Höhe des Unterhaltsanspruch der Unterhaltsberechtigten und für den angemessenen Unterhalt des Unterhaltsverpflichteten ist die sog. Düsseldorfer Tabelle bzw. die Berliner Tabelle" für die neuen Bundesländer.
Wenn der Unterhalt in einem Scheidungsurteil geregelt wurde, können Sie sich entweder mit Ihrem ehemaligen Ehepartner gütlich einigen (am Besten schriftlich, gfs. sogar notariell beglaubigt) oder Sie müssen eine sog. Anpassungsklage einreichen, falls dies nicht möglich ist. Wenden Sie sich bei Fragen auf jeden Fall an einen Rechtsanwalt (gfs. mit Beratungshilfeschein).
Falls der Unterhalt in einer Vaterschaftsurkunde geregelt wurde (bei nichtehelichen Kindern), müssen Sie beim zuständigen Jugendamt die Anpassung beantragen und nachweisen, dass ihr Einkommen zu niedrig ist, den Unterhalt in voller Höhe zu zahlen.
In beiden Fällen kann die Anpassung bis auf den Betrag Null vorgenommen werden.

Unterhaltsvorschuss

Zurück bleiben bei Nichtzahlung oder Anpassung der Unterhaltspflicht unterhaltsbedürftige Menschen, denen wahrscheinlich selbst kaum ausreichende Mittel für ihren Lebensunterhalt bleiben.
Für diese Fälle tritt der Staat in Form von Unterhaltsvorschüssen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz ein.
Unterhaltsvorschüsse werden für ein Kind für maximal sechs Jahre, längstens jedoch bis zum 18. Lebensjahr gezahlt. Die Höhe hängt von den in der sog. Regelbetragsverordnung festgelegten Beträge ab. Die Regelbetragsverordnung wird alle 2 Jahre angepasst.
Zur Zeit (Stand: 01.07.2007) betragen diese Beträge

in den alten Bundesländern:

  • für Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres 202 Euro monatlich;
  • für Kinder bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres 245 Euro monatlich;
  • für Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres 288 Euro monatlich;

In den neuen Bundesländern:

  • für Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres 186 Euro monatlich;
  • für Kinder bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres 226 Euro monatlich;
  • für Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres 267 Euro monatlich;

Von der Unterhaltsleistung sind noch 50 % des Erstkindergeldsatzes pro unterhaltsberechtigtem Kind abzuziehen. Dieser Abzug unterbleibt, wenn der andere Elternteil Anspruch auf Kindergeld oder auf eine dem Kindergeld entsprechende Leistung für das Kind hat.

Den Unterhaltsvorschuss leisten Stadt- bzw. Gemeinden. Dadurch erlangen sie juristisch den "Rechtstitel" des Kindes auf Unterhalts und fordern den Vorschuss vom Unterhaltspflichtigen zurück, falls Sie es verpasst haben, den Unterhalt anpassen zu lassen (s.o.).

Pfändungen wegen Unterhaltsschulden

Oft besteht die Meinung, bei Unterhaltsschulden kann der Unterhaltspflichtige ohne Rücksicht auf die Pfändungstabelle pfänden. Das ist nicht der Fall! Pfändungsrechtlich gesehen sind Unterhaltsschulden erst einmal "normale" Schulden. Bestehen bereits Lohnpfändungen, erhält dieser Gläubiger weiterhin den pfändbaren Betrag.
Aber: Der Unterhaltsberechtigte kann durch Lohnpfändung auch dann noch etwas erreichen, wenn bereits Lohnpfändungen vorliegen.
In diesem Fall setzt das Gericht auf Antrag den unpfändbaren Betrag nicht nach Tabelle, sondern nach Sozialhilfesätzen fest (§ 850d ZPO). Ergibt sich zwischen dem pfändbaren Betrag nach Tabelle und dem durch das Gericht festgesetzten Betrag eine Differenz (Vorrechtsbereich), fließt dieser Differenzbetrag dem Unterhaltsberechtigten zu. In der Regel belassen die Gerichte dem Unterhaltsschuldner für seinen Lebensunterhalt den sog. Bedarfskontrollbetrag nach der Düsseldorfer Tabelle (derzeit: 770 € für nicht Berufstätige bzw. 890 € für Berufstätige.)

Lohnpfändung und Unterhaltspflichten

Berücksichtigt der Arbeitgeber alle Unterhaltspflichten oder geht er einfach nach der Lohnsteuerkarte? Das passiert sehr häufig.
Dem Arbeitgeber ist in diesem Fall nachzuweisen, dass man unterhaltspflichtig ist z.B. für die Ehefrau, auch wenn sie nicht auf der Steuerkarte steht. Der Arbeitgeber muss die Ehefrau bei der Ermittlung des pfändbaren Einkommens also berücksichtigen.
Aber: Man muss dann aber auch tatsächlich den Unterhalt zahlen und darf den Betrag nicht einfach für sich verbrauchen, denn sobald ein Gläubiger erfährt, dass Unterhaltszahlungen nicht erfolgen, kann er auch verlangen, dass der Unterhaltsberechtigte bei der Ermittlung des pfändbaren Betrages nicht berücksichtigt wird.

Sonderfall: Abzweigung von Unterhaltsleistungen, wenn der Unterhaltspflichtige Sozialleistungen erhält

Erhält der Unterhaltsschuldner eine dem SGB unterfallende Sozialleistung, etwa Arbeitslosengeld, Krankengeld, Rente, kann die Behörde, die Unterhaltsvorschuss leistet, bei dem für die Sozialleistung zuständigen Sozialleistungsträger einen Antrag auf Abzweigung stellen. Liegt ein Unterhaltstitel vor, ist dieser im Abzweigungsantrag zu nennen. Nach § 48, Abs.1 Satz I SGB I ist eine Abzweigung von Leistungsträgern an die UVG-Behörden möglich, wenn der familienferne Elternteil der gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht nachkommt. In diesem Fall ist der Träger der Sozialleistungen verpflichtet, die abzuzweigenden Beträge direkt an die Unterhaltsvorschusskasse abzuführen.

Unterhaltsrückstand und Insolvenzverfahren

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass den Unterhaltsschuldner grundsätzlich eine Pflicht zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz trifft, "wenn dieses Verfahren zulässig und geeignet ist, den laufenden Unterhalt seiner minderjährigen Kinder dadurch sicherzustellen, dass ihm Vorrang vor sonstigen Verbindlichkeiten eingeräumt wird." (BGH, Urteil vom 23. Februar 2005 - XII ZR 114/03, ZVI 2005, 188ff.)

Unterhalts-Altschulden
Unterhaltsrückstände, die vor Insolvenzeröffnung aufgelaufen sind, gehören zu den Insolvenzforderungen (§ 40 InsO). Für Insolvenzgläubiger ist in den §§ 89 Abs. 1 InsO und § 214 InsO ein umfassendes Vollstreckungsverbot geregelt, so dass wegen "alter" Unterhaltsschulden auch nicht mehr in den Vorrechtsbereich (gepfändet werden darf.
Der BGH hat diese Ansicht inzwischen in dem o.g. Urteil bestätigt (ZVI 2005, 188 ff.): "dass, die bei Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens schon fälligen Unterhaltsrückstände, ... nicht mehr im Wege der Einzelzwangsvollstreckung durchgesetzt werden können".
Unterhalts-Neuschulden
Falls nach der Insolvenzeröffnung weiter Unterhaltsschulden auflaufen, so sind dies "Neuschulden", die nicht unter die Restschuldbefreiung fallen.
Leistet der Unterhaltsschuldner keinen oder zu wenig Unterhalt, dürfen die Unterhalts-Neugläubiger in den Vorrechtsbereich des § 850 d ZPO vollstrecken (§ 89 Abs. 2 InsO). Es ist deshalb sehr wichtig, sicherzustellen, dass die Unterhaltszahlungen geleistet werden können. Gfs. ist die Anpassung der titulierten laufenden Unterhaltsverpflichtungen an die aktuelle Leistungsfähigkeit notwendig.